Lena Strehlow und ihr Studentenjournal: Die Frau für den Rundumblick

Seit gut zwei Jahren arbeitet Lena Strehlow beim preisgekrönten Studentenjournal 360 mit, stieg zur Chefredakteurin auf. Die 26-Jährige übernimmt gerne Verantwortung.

Münster. "Sie brauchten jemanden, der gut Korrektur lesen kann. Dafür war ich im Freundeskreis bekannt." So fing alles an. Im März 2007 stieß Lena Strehlow zur Redaktion von 360 - einem jungen, damals noch unbekannten und längst nicht überregionalen Studentenjournal, das heute Preise abräumt und bundesweit von engagierten Studenten für Studenten gemacht wird. 2007 wurde Lena Strehlow Mitglied und stieg bei der Ausgabe zum Thema "Migration" in der Schlussredaktion mit ein.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. In diesem Fall entfaltete sich die Magie von Münster aus. In einer kleinen WG-Küche hielt der Ideengeber und erste Chefredakteur des Journals, Dominic Schwickert, die Treffen mit der siebenköpfigen Gründungsgruppe ab. Zum Thema "Afrika" entstand 2005 die sogenannte Nullnummer, um potenzielle Unterstützer zu finden.

"Als ich dazu kam, waren wir etwa zehn Leute. Damals gab es auch noch keine regelmäßigen Treffen", erzählt die 26-Jährige, die im August vergangenen Jahres die Chefredaktion des Heftes übernommen hat.

Das Journal für Politik und Gesellschaft versteht sich als Forum für Studenten, die ihre wissenschaftlichen Beiträge journalistisch anspruchsvoll bei 360 publizieren können, ohne dass sie dafür die Gunst eines großen Verlages für sich gewinnen müssen.

"Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, die Fäden zusammenzuhalten und Kontakte zu pflegen", sagt Strehlow. Keine leichte Aufgabe, inzwischen unterhält 360 Anlaufstellen an zahlreichen deutschen Universitäten. Das Journal finanziert sich vor allem über Anzeigen und zu etwa einem Drittel über den Verkauf (Preis: 3,60 Euro).

Das ganze Projekt steht und fällt aber mit dem Einsatz der Ehrenamtlichen. Ein Großteil von ihnen steckt mitten im Studium. 360-Journalisten meistern den Balanceakt zwischen Prüfungsstress und leidenschaftlichem Engagement für "ihr" Journal - ein Kraftakt, der sich alle sechs Monate wiederholt.

Denn 360 erscheint im Semestertakt, um seiner studentischen Zielgruppe auch im Timing gerecht zu werden. Eine Ausgabe ist gerade erfolgreich in den Druck gebracht, da wird schon eifrig die nächste geplant.

Profi-Journalisten mögen schmunzeln, doch auch für den Nachwuchs gilt das K&K-System - Kommunikation und Konferenzen. Alle zwei Wochen findet die sogenannte Interkon statt, bei der alle Ressortchefs etwa anderthalb Stunden miteinander skypen. Nach Bedarf wird der crossmediale Austausch ergänzt durch Telefonate, weitere Skype-Konferenzen, eine Online-Community und natürlich E-Mails.

Die Hauptarbeit aber liegt in den üblichen Produktionsschritten einer Zeitschrift, die Qualität ganz groß schreibt: angefangen bei der Themenfindung über die Auswahl und redaktionelle Bearbeitung der Texte bis hin zur Gestaltung und Schlussredaktion. Im Idealfall sind die Artikel dann nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch flott und verständlich geschrieben. Gastessays, Interviews und Fotostrecken lockern das Journal zusätzlich auf.

Große Anstrengungen fließen aber auch in die Bereiche Marketing und Werbung, die ebenfalls von Studenten verantwortet werden. Eine Besonderheit bei 360 ist das Ressort Human Ressources, dessen Team dafür zu sorgen hat, dass dem Journal der Nachwuchs nicht ausgeht.

"Für 360 arbeite ich in vollen Wochen 20 bis 25 Stunden - je nach Stadium der aktuellen Ausgabe", erläutert Strehlow. "Völlig verrückt neben Uni und Studentenjob", sagen manche, doch Strehlow, aufgewachsen in Göttingen, ist seit ihrem elften Lebensjahr "immer ehrenamtlich tätig gewesen" - beim Tierschutz und in der Waldjugendgruppe.

Später arbeitete sie in der lokalen Greenpeacegruppe und wurde dort Pressesprecherin. Schließlich ging sie nach Münster und studierte Politik mit dem Schwerpunkt Europastudien, damals pendelte sie zwischen Münster und Lille.

"Am Anfang meines Studiums wollte ich Journalistin werden, doch die Arbeitsbedingungen sind schwierig und es sind einfach zu viele, die das machen wollen." Strehlow absolvierte verschiedene Praktika in der Öffentlichkeitsarbeit - "da man sich dort immer wieder mit anderen Themen beschäftigt, kennt man sich am Ende nirgendwo richtig gut aus", bedauert sie. "Mich reizt die Arbeit in einer Geschäftsstelle für Sachfragen der Umweltpolitik - einer Art Think Tank", schwärmt die Doktorandin, die heute in Berlin lebt.

Was aber braucht man für den Job der Chefredakteurin? - "Zeitmanagement ist das A und O, man muss sorgfältig arbeiten und - ganz wichtig - sich nicht nur gern mit Texten, sondern auch mit Menschen auseinandersetzen."

Das gilt auch für die Wahl-Hamburgerin Ellen Kollender, mit der Strehlow die Chefredaktion geleitet hat. Nun steht Kollender vor ihrem wissenschaftlichen Abschluss und wird 360 in Kürze verlassen. Auch die Stelle der Schlussredaktion ist noch vakant.

"Je mehr wir sind, desto besser können wir die Aufgaben ausdifferenzieren und untereinander verteilen. Zurzeit arbeiten Ellen und ich daran zu optimieren, was noch nicht so gut läuft." So soll der Kontakt zwischen Autor und Lektor verbessert werden.

Eine zielstrebige junge Wissenschaftlerin wie Lena Strehlow würde niemals so viel Zeit und Energie in eine Sache stecken, die nicht mit einem Höchstmaß an Professionalität betrieben wird. Deshalb ist die Zeit bei 360 für sie die beste Vorbereitung auf eine verantwortungsvolle Position im "wirklichen Leben".

"Je mehr Verantwortung du bei 360 hast, umso mehr verstehst du auch die Zusammenhänge", sagt Strehlow. Große Erfahrung in der Textarbeit für fremde und eigene Texte habe sie gewonnen, Teamorganisation gelernt und in den Diskussionsrunden Erfahrungen gesammelt. "Bis auf den Bereich Werbung habe ich schon überall die Finger mit im Spiel gehabt."

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