Düsseldorf Kurzer Prozess für 119 Kriminelle

Erste Bilanz der „Turbo-Justiz“ nach einem halben Jahr. Straftäter werden innerhalb von einer Woche nach der Tat verurteilt.

Düsseldorf: Kurzer Prozess für 119 Kriminelle
Foto: dpa

Düsseldorf. Seit dem 1. März wird in Düsseldorf kurzer Prozess gemacht. Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht haben das „beschleunigte Verfahren“ als Pilotprojekt eingeführt. Damit können Straftäter innerhalb von nur einer Woche verurteilt werden. Das erspart der Justiz lange Verfahren, die sich über Jahre hinziehen können. Gestern zogen die drei Behörden eine erste Bilanz.

Zu den Initiatoren gehörte der Düsseldorfer Polizeipräsident Norbert Wesseler. „Jeder macht seins reicht heute nicht mehr“, machte er deutlich. Die enge Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaft und Amtsgericht habe sich bewährt. Insgesamt sind 133 Verdächtige festgenommen worden. In 119 Fällen sei das beschleunigte Verfahren schließ´lich angewandt worden. Alle Täter wurden auch verurteilt.

Voraussetzung, um ein beschleunigtes Verfahren durchzuführen, ist, dass der Täter klar überführt sein muss. In der Regel handelt es sich um Kriminelle, die auf frischer Tat ertappt werden. Zum Beispiel ein Ladendieb, der in einem Düsseldorfer Modegeschäft Hochzeitskleidung für rund 1700 Euro gestohlen hatte und kurze Zeit später gestellt wurde. Der Mann wurde in Untersuchungshaft genommen und in der vergangenen Woche zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Dass die Verdächtigen für einige Tage ins Gefängnis müssen, ist das Grundprinzip des beschleunigten Verfahrens. Das hinterlässt offenbar nachhaltigen Eindruck. „Uns wurde berichtet, das sich diese Verdächtigen in der Haft besonders aggressiv verhalten“, berichtete Wesseler. Denn sie rechnen nicht damit, dass sie wegen kleinerer Delikte hinter Gittern landen. Wesseler: „Und sie wissen erst einmal nicht, wie das Verfahren ausgeht.“

Die „Turbo-Justiz“ zielt vor allem auf reisende Täter. Die werden in der Regel bei Diebstählen oder anderen kleinen Delikten von der Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt. Viele davon, die keinen festen Wohnsitz in Deutschland haben, verschwanden danach spurlos. Das sorgte für dicke Akten bei den Staatsanwaltschaften. Oft wurden die Strafverfahren dann wegen Verjährung eingestellt. Das wird vermieden, wenn die Kleinkriminellen sofort festgesetzt und verurteilt werden.

Voraussetzung für ein beschleunigtes Verfahren ist außerdem, dass die zu erwartende Strafe nicht über einem Jahr Haft liegen darf. Die höchste bisher verhängte Strafe waren elf Monate Haft ohne Bewährung für einen Angeklagten, der zwei Diebstähle begangen hatte.

Damit das System funktioniert, muss zunächst die Polizei entscheiden, ob sich die Strafverfahren für die „Turbo-Justiz“ eignen. Dann werden die Akten von einem Staatsanwalt und einer Staatsanwältin übernommen. Die wiederum kooperieren eng mit zwei Amtsrichterinnen, die dafür sorgen, dass innerhalb von einer Woche Verhandlungstermine anberaumt werden. Denn länger darf die Untersuchungshaft nicht dauern.

Erfreulicher Nebeneffekt: Es hat sich herausgestellt, dass die Zeugenaussagen bei den beschleunigten Verfahren wesentlich besser zu verwerten sind. Wenn Vernehmungen erst ein oder zwei Jahre nach der Tat stattfinden, können sich viele an Einzelheiten kaum noch erinnern. Das ist ganz anders, wenn das Geschehen erst wenige Tage her ist.

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