Kunstfälscher-Prozess - Filmreife Geständnisse

Köln (dpa) - Tränen, Liebesschwüre, Abzocken millionenschwerer Kunstsammler und ein Fälscher mit einem Aussehen zwischen Musketier und jungem Rembrandt: Der Kölner Kunstfälscher-Prozess um die fiktive Sammlung Jägers ist filmreif.

Prozessbeobachter meinen, dass er wie einst die Geschichte um die gefälschten Hitler-Tagebücher verfilmt werden könnte - als Komödie.

Im Saal 7 des Kölner Landgerichts legt am Dienstag der vierte und letzte Angeklagte, Otto S.-K. aus Krefeld, sein Geständnis ab. Inzwischen ist bekannt, dass den Fälscher-Pinsel allein Wolfgang B. (60) führte. Seine Frau Helene kümmerte sich um die Einlieferung in Auktionshäuser, ihre Schwester Jeanette S. half gelegentlich dabei, Chefverkäufer war Otto S.-K..

Über ein ausgeklügeltes Finanzsystem bewegten die Bs. Millionen, wie aus den Strafakten hervorgeht. Noch kurz vor ihrer Festnahme wollten sie ihr ergaunertes Vermögen laut Strafakten „beiseiteschaffen“. Trotzdem wird ihnen auch Sympathie entgegengebracht. Helene B. (53) brach mehrmals im Gerichtssaal in Tränen aus und entschuldigte sich bei Mutter und Kindern. Sie und ihr Mann beschworen ihre große Liebe („eine wundervolle Ehe“). Ritterlich nahm ihr Mann Wolfgang sie in den Arm und bat das Gericht, sie zu verschonen.

„Absurd einfach“ sei das Fälschungsgeschäft gewesen, sagen die Bs. Experten und Kunsthäuser fielen auf die dreiste Legende vom sammelnden Großvater Jägers trotz eklatanter Widersprüche herein. B., der sein Kunststudium einst abbrach, brauchte nach eigenen Worten manchmal nur zwei Stunden - und wieder war eine Fälschung fertig. Er malte sogar nie gemalte Bilder, die seiner Meinung nach im Gesamtwerk etwa von Max Ernst nicht hätten fehlen dürfen.

B. sei ein „lässiger Dandy-Typ“, der es in den Augen vieler geschafft habe, es den „großen Möchtegernen zu zeigen“, meint Robert Ketterer, Inhaber des gleichnamigen Münchner Auktionshauses. Raimund Stecker, Direktor des Duisburger Lehmbruck Museums, sagt, es gebe in Deutschland eine „unterschwellige Hochachtung“ vor handwerklichem Können. „Handwerk steht in der Achtung über der Kunst.“

B. ist nicht der erste Fälscher, dem viele für seine fast perfekte Täuschung der Kunstwelt Anerkennung zollen, gepaart mit heimlicher Schadenfreude. Der vor 20 Jahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Edgar Mrugalla, spezialisiert auf Picasso, wurde gar als „König der Kunstfälscher“ bezeichnet. Ähnlich wie B. sagte Mrugalla: „Es hat Spaß gemacht, die Leute hinters Licht zu führen.“

Kunst wird in Massen gefälscht, wie kürzlich ein Prozess um rund 1000 gefälschte Giacometti-Skulpturen gezeigt hat. „Wir kriegen so viel, was wir im Vorfeld als Fälschung entlarven“, sagt auch Ketterer. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ fragt inzwischen: „Wer glaubt noch ans Original?“ und plädiert sogar dafür, B. auszustellen. Schließlich präsentierten große Museen heutzutage ihre Meisterwerke auch als hochaufgelöste Kopien im Internet.

In der Kunstbranche stößt der Vorschlag auf Unverständnis. „Am besten wäre es, sie zu vernichten oder als Fälschungen zu kennzeichnen“, sagt Ketterer. Museumsdirektor Stecker meint: Nicht die handwerkliche Ausführung, sondern das „Ideengebäude“ und die „Innovationskraft“ des Künstlers gelte es „nachhaltig zu schützen“ - mit dem Original, nicht mit der Fälschung.

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