Kriegsführung: Tiere im Dienst des Militärs

Delfine, Bienen, Elefanten – ein Paderborner Militärhistoriker hat sich mit dem Einsatz dieser ungewöhnlichen Helfer befasst.

Paderborn. Sie surren und geraten mit ihren pelzigen schwarz-gelben Körperchen in Wallung, sobald sie Sprengstoff wittern: Minen-Bienen. "Die gibt es wirklich. In geheimen Testlaboren in den USA werden Honigbienen für zukünftige Kriegseinsätze abgerichtet", sagt Rainer Pöppinghege von der Universität Paderborn.

Der Militärhistoriker hat gerade den Sammelband "Tiere im Krieg. Von der Antike bis zur Gegenwart" herausgegeben. Über Delfine mit Bomben am Körper, quasi tierische Selbstmordattentäter, habe er nur Gerüchte gehört.

"Es gibt zumindest Fotos von Spionage-Delfinen mit Kamera an der Flosse. Und früher wurden Brieftauben mit Mini-Fotoapparaten ausgestattet, die Luftaufnahmen von feindlichen Stellungen machten."

Sein erstes einschneidendes Erlebnis mit Tieren im Kriegseinsatz hatte Pöppinghege vor rund 20 Jahren an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Dort habe er Kanarienvögel als "Gasangriffs-Frühwarnsysteme" kennengelernt.

Die Nordkoreaner hatten Tunnel nach Südkorea gegraben, die die Südnachbarn aus Angst vor einer Invasion oder vor einem Gasangriff überwachten - mit Hilfe kleiner Kanarienvögel in Käfigen. "Wenn ein Vogel von der Stange fiel, wussten sie: Gasmaske auf", schildert Pöppinghege die Funktionsweise des primitiven Warnsystems.

Sein eigentlicher Forschungsschwerpunkt sei Kriegsgefangenschaft, sagt Pöppinghege. Bei Recherchen sei er per Zufall auf Tiere im Krieg gestoßen. "Das Thema ist ziemlich wenig behandelt in der Wissenschaft. Das letzte Buch dazu in Deutschland stammt aus dem Jahr 1932", sagt Pöppinghege.

17Aufsätze verschiedener Forscher mit sehr unterschiedlichen Ansätzen finden sich in Pöppingheges Buch. Thematisiert werden etwa Elefanten, die "Panzer der Antike", Kavalleriepferde - oder Maultiere. Sie sind in Gebirgsregionen wie Afghanistan bis heute unerlässlich zum Transport von Raketen.

Die Versuche mit den Minen-Bienen steckten noch in den Kinderschuhen, sagt Pöppinghege. "Noch sind das, soweit ich weiß, alles Testreihen. Das Problem ist wohl, dass sie ziemlich unkontrolliert umherfliegen. Gerade in städtischen Gebieten haben die Bienen zu viel Ablenkung. Da kriegen sie Stress und funktionieren dann nicht mehr."

"Bienen wurden im Mittelalter sogar als Waffen genutzt", berichtet Pöppinghege. "Wenn eine Stadt belagert wurde, dann wurden neben Pech und Schwefel auch Bienen-Körbe von den Mauern heruntergeschmissen."

Er selbst hat sich für das Buch vor allem mit Kavallerie und Brieftauben beschäftigt. So fand er heraus, dass die deutsche Armee selbst im Zweiten Weltkrieg noch 2,75 Millionen Pferde nutzte.

Mehr als die Hälfte von ihnen sei verendet. Brieftauben waren vor allem im Ersten Weltkrieg bedeutsam, als Deutschland 120 000 Tauben für seinen militärischen Nachrichtenversand einsetzte.

Häufig seien zwei mit der gleichen Botschaft losgeschickt worden, weil die Gegner sie auch gezielt abschossen. In den USA hätten Militär-Tauben nach 1918 geradezu Heldenstatus genossen: "Die bekamen Namen und Orden; und sie gastierten auf Geflügel-Shows", sagt Pöppinghege.

Zur Heldin wurde auch die sowjetische Weltraumhündin "Laika", die 1957 als erstes Lebewesen in einem Satelliten ins All geschossen wurde und dort ihr Leben für die Wissenschaft ließ.

"Das niedliche Tier in seinem kleinen Raumanzug wurde zum Phänomen der Popkultur", beschreibt Pöppinghege. "Es gab später sogar Comics über sie, und sie wurde entideologisiert, Laika gehörte irgendwann allen. Nicht mehr länger nur der Sowjetunion."

Der Beitrag über die Hündin trägt den Untertitel "Laika als Versuchstier, Propagandawaffe und Heldin".

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