Kartenvergabe in Bayreuth Fall für die Justiz

Bayreuth/Hof (dpa) - Die umstrittene Ticketvergabe für die weltberühmten Bayreuther Festspiele ist jetzt ein Fall für die Justiz. „Es liegen zwei Strafanzeigen vor, die die Kartenvergabe rügen“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Hof a.d. Saale, Gerhard Schmitt.

Aus diesem Grund habe seine Behörde Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet, bestätigte Schmitt einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“.

Noch richten sich die Ermittlungen gegen Unbekannt. Doch das dürfte sich schon bald ändern, auch wenn der Oberstaatsanwalt die Zielrichtung der Ermittlungen vorerst nicht konkretisieren wollte. Ohnedies sind auf dem „Grünen Hügel“ nach Ende der diesjährigen Festspiele alle Verantwortlichen erst einmal im Urlaub.

„Die Anzeigen nehmen Bezug auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes“, erläuterte Chefermittler Schmitt. Die Behörde hatte bemängelt, dass nur rund 40 Prozent der knapp 58 000 Karten für die jährlich 30 Vorstellungen in den freien Verkauf gelangten. Die Anzeigen stammen von Privatpersonen aus Deutschland, „aber nicht aus der Region“, wie Schmitt der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Der Bundesrechnungshof hatte im Sommer die Kartenvergabe in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages massiv gerügt. So gelangten bei Premieren nur 16 Prozent der Tickets in den freien Handel. Der Rest werde entweder als Freikarten oder als feste Kontingente an Sponsoren und Prominente aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vergeben. Dies sei „mit den Förderzielen nicht vereinbar“, heißt es in dem Bericht der Rechnungsprüfer.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärte daraufhin, er nehme die Kritik sehr ernst. Er schloss Korrekturen am bisherigen Verfahren nicht aus. Bund, Freistaat Bayern, Bezirk Oberfranken, die Stadt und die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth beteiligen sich jährlich mit Millionenbeträgen am Defizit der Festspiele.

Bei den Mäzenen - sie bekommen rund ein Viertel der Karten zum regulären Preis - stieß die Kritik der Rechnungsprüfer nach Bekanntwerden hingegen auf Unverständnis. Freunde-Chef Georg von Waldenfels erinnerte daran, dass die Mäzene mit mehr als drei Millionen Euro pro Jahr mehr Geld für die Festspiele zur Verfügung stellten als Bund oder Land Bayern.

Rückendeckung kam vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Festspiele, Toni Schmid. Der Spitzenbeamte im bayerischen Kunstministerium warnte davor, das Kartenkontingent der Mäzene zu beschneiden. „Der Bundesrechnungshof kann nicht verlangen, dass wir die Kuh schlachten, deren Milch wir brauchen.“ Auch die Festspielleitung selbst wies die Kritik zurück. Aus dem Bericht dürfe nicht geschlossen werden, dass ein Großteil der Tickets verschenkt wird, sagte ihr Sprecher Peter Emmerich. Festspielchefin Katharina Wagner kündigte dennoch eine Überprüfung an.

Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war von den Festspielen zunächst keine Auskunft zu erhalten. Der Betrieb auf dem „Grünen Hügel“ der Richard-Wagner-Stadt hat Ferien. Die Festspiele 2012 beginnen am 25. Juli mit einer Neuinszenierung der Oper „Der fliegende Holländer“. Regie führt Jan Philipp Gloger, am Pult steht Bayreuths Hausdirigent Christian Thielemann.

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