Schule : Kanake oder Kartoffel? Lehrerin provoziert mit Buch über Integration
Kassel Eine Lehrerin schreibt ein Buch über das Scheitern von Integration im Schulalltag. Ihr Bericht ist provokant. Noch radikaler sind allerdings die Schlüsse, die sie daraus zieht.
Sie befürwortet ein Kopftuchverbot an Schulen, kritisiert einen „Söhnchenkult“ muslimischer Familien und spricht von „falscher Toleranz“: Die Kasseler Lehrerin Julia Wöllenstein hat schon vor Erscheinen ihres Buches „Von Kartoffeln und Kanaken“ für Schlagzeilen gesorgt. Seit Mittwoch ist es nun erhältlich und zeigt: Zur Galionsfigur für rechte Kritik an verfehlter Integrationspolitik taugt die 43-Jährige nicht. Politisch setzt sie sich bewusst zwischen alle Stühle.
Wöllenstein ist Lehrerin an einer Gesamtschule. Nur 3 von 20 Schülern ihrer Hauptschulklasse hätten keinen Migrationshintergrund, sagt sie. Die dreifache Mutter ist in keiner Partei oder Gewerkschaft. „Eigentlich bin ich ein unpolitischer Mensch.“ Doch nach einer ZDF-Reportage über ihren Berufsalltag kam ein Münchner Verlag auf sie zu. So entstand das Buch mit dem Titel „Von Kartoffeln und Kanaken. Warum Integration im Klassenzimmer scheitert. Eine Lehrerin stellt klare Forderungen“.
Der Titel ist eine Anspielung auf Berichte, wonach sich Spieler der Fußballnationalmannschaft mit und ohne Migrationshintergrund sich gegenseitig als „Kartoffeln“ und „Kanaken“ verspottet hätten. Für Wöllenstein berührt das eine wichtige Frage: „Wann ist man wirklich integriert: Wenn man sich als "Kartoffeln" und "Kanaken" beschimpft oder wenn man bei "Idiot" und "Blödmann" ist?“ Ihre Meinung: Solche Begriffe ziehen immer Trennlinien.
Im Buch beschreibt die 43-Jährige eigene Erlebnisse, wie sie sagt: muslimische Familien, die ihre Söhne zu kleinen Paschas erziehen und jeden Versuch einer Verhaltenskorrektur untergraben; Kinder, die im Ramadan Mitschüler auffordern, Brot und Getränke wegzupacken; die „Dauerschleife Hurensohn“, durch die Streitereien bei Beleidigung der Mutter automatisch eskalieren. Wöllenstein betont: „In Schul-Einzugsgebieten mit besonderen Herausforderungen, in denen wir vermehrt Familien mit Migrationshintergrund und bildungsferne Familien finden, ist das unser Alltag.“
Der muslimische Glaube sei nicht Ziel ihrer Kritik. „Es geht um patriarchalische Strukturen, die nicht in ein demokratisches System passen“, sagt sie. Diese Strukturen fänden sich aber oft in muslimischen Familien. Von der Gesellschaft fordert sie, solchen Auswüchsen konsequent entgegenzutreten: „Ich stehe in der Mitte der Gesellschaft und glaube, dass uns falsche Toleranz nicht weiterbringt.“