Johan Cruyff wird 65: Der begnadete Besserwisser

Johan Cruyff war ein großer Fußballer — und immer ein Sturkopf mit Hang zu Streit und Genie. Am Dienstag wird er 65.

Düsseldorf. Natürlich lässt einen wie ihn dieses eine Spiel nicht los. Johan Cruyff ist viel zu ehrgeizig, zu absolut in seinem Anspruch, zu niederländisch, als könne er das Fußball-WM-Finale 1974 ganze 38 Jahre später einfach lächelnd zur Seite legen.

1:2 verloren, die große Generation der Niederländer, besiegt in München vom deutschen Erzrivalen. Und Cruyff, hat dessen Bruder Hennie einmal gesagt, habe dabei gespielt „wie ein Spüllappen“. Es gibt Chancen, die kommen nun mal nicht wieder.

Die anderen Chancen hat er genutzt. Cruyff hat Titel um Titel gesammelt. Er führte Ajax Amsterdam achtmal zum nationalen Titel und gewann von 1971 bis 1973 mit dem sogenannten „Voetbal Totaal“ — mit dieser taktischen Ausrichtung greifen zehn Spieler zusammen an und verteidigen zusammen — dreimal nacheinander den Europapokal der Landesmeister. Ein System, für das Cruyff steht wie kein anderer.

Auch als Trainer erntete er mit Ajax — und später auch beim FC Barcelona — zahlreiche Meriten. In den Niederlanden genießt er einen Ruf wie hierzulande nur Franz Beckenbauer. Aber doch spaltet er viel mehr als der Kaiser, der erst redet und sich schnell korrigiert, wenn es ihm zu „heiß“ wird. Cruyff korrigiert nichts.

Nicht als Spieler, nicht als Trainer, nicht als Verantwortlicher. Weil er glaubt, es besser zu wissen als alle anderen. Der frühere Ajax-Spieler Johnny Bosman formulierte es einmal so: „Cruyff denkt, dass er immer Recht hat. Und das Seltsame dabei ist, er hat immer Recht.“

Mit diesem Perfektionismus eckt er an, immer wieder. Gerade ist er als Berater beim mexikanischen Erstligisten Chivas Guadalajara eingestiegen, und sein erster Rat lautete, den Trainer zu entlassen. Bei Ajax Amsterdam hat er die vergangenen Monate als Mitglied des Verwaltungsrat damit verbracht, den Sportdirektor Louis van Gaal zu verhindern.

Cruyff hatte längst eine eigene Philosophie entwickelt, mit ehemaligen Spielern wie Dennis Bergkamp, Frank de Boer, Danny Blind und Wim Jonk in verantwortlichen Positionen.

Und er hat sich gegen den ehemaligen Bayern-Trainer vor Gericht durchgesetzt („Heute ist ein guter Tag für Ajax“), dessen Erzfeind er schon zu gemeinsamen Zeiten beim FC Barcelona war. „Cruyff war viel schlimmer als Uli Hoeneß in München“, sagte van Gaal unlängst. „Ich habe in Barcelona sehr unter ihm gelitten.“

Cruyff, der unerträgliche Perfektionist, der nichts als Schatten wirft. „Wenn ich zurückschaue, dann habe ich bei ihm eins gelernt“, sagte der ehemalige Bundesliga-Profi Gerald Vanenburg einmal über Cruyff: „Wie man es nicht macht.“

Cruyff, der Spalter. Frank Rijkaard floh einst vor ihm zum AC Mailand, kein niederländischer Nationaltrainer ist nach Rinus Michels, der 1988 zuletzt die Europameisterschaft mit „Oranje“ gewann, mehr mit dem steten Kritiker Cruyff im Rücken glücklich geworden. Cruyffs Wort zählt — und macht ihnen allen das Leben schwer.

„Johan war der bessere Spieler, aber ich bin Weltmeister“, hat Franz Beckenbauer einmal gesagt — und es nie korrigiert. Cruyff schmerzt das. Noch immer.

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