Jochen Rausch: Ein Radiomann wird zum Autor

Einslive-Chef Jochen Rausch hat seine Leidenschaft lange zurückgehalten. Mit 52 Jahren legt er seinen Debüt-Roman vor.

Wuppertal. "Ich weiß: Das klingt, als hätte ich sonst nichts zu tun", sagt Jochen Rausch (52). Der Job als Chef des WDR-Jugendprogramms Einslive hält ihn und seine grauen Zellen durchaus auf Trab. Er hat eine Frau, zwei Söhne und ein Haus in einer grünen Ecke von Wuppertal. Und dann setzt er sich fünf Jahre hin, um einen Roman zu schreiben und obendrauf ein Musikprojekt mit Udo Lindenberg zu setzen.

Musste sich da ein Mann um die 50 etwas beweisen? "Nee, das habe ich immer schon gewollt", sagt der Autor. Nur dämmerte ihm, dass die Allerwenigsten mit Musik und Schreiben auch nur das Lebensnotwendige verdienen. Also durchlitt er eine Ausbildung bei der Versicherung, wurde Journalist und machte Karriere beim WDR.

Für sein Schreiben hatte er sich Geduld verordnet: "Ich wollte warten, bis sich mir ein Thema aufdrängt." Ungefähr 25 Jahre später war es so weit, Jochen Rausch dachte über Vergänglichkeit nach, "das ewige Kommen und Gehen von Glück und Unglück, Liebe und Tod" - was einen Menschen mit melancholischer Grundstimmung eben anweht. Und er dachte an jene Astrid, die er mit 19 kannte und die an einem Sommertag in den 70ern einfach verschwand.

Um so eine Astrid geht es auch in seinem Roman. Doch Rausch ist klug dem Kardinalfehler vieler Roman-Debütanten ausgewichen: Er hütet sich vor Autobiographischem. Dabei hätte sein Beruf garantiert seitenweise tolle Begegnungen hergegeben. "Ich betrachte das Schreiben vor allem als Handwerk - eben eine Geschichte so zu erzählen, dass sie berührt, dass man etwas davon mitnimmt."

So etwas dauert. Viele Nächte ist er zum Schreiben in den Keller gestiegen. Tagsüber ist er schließlich anderweitig beschäftigt. Aber Sonnenlicht beim Schreiben kann sich Jochen Rausch auch sonst nicht vorstellen, "passt gar nicht".

So erzählt "Restlicht" nun angenehm lakonisch von dem Fotografen Peter Blum. Vor 30 Jahren ist er in die USA gegangen, hat geheiratet und doch nie seine Jugendliebe vergessen. Als sein Vater im Sterben liegt, fährt er erstmals wieder in seine Heimatstadt. Dort ist gerade das Skelett eines Mädchens gefunden worden. Bloom fängt an, in der Vergangenheit zu wühlen.

Parallel zum Schreiben tüftelt Rausch mit einem alten Freund an dem Musikprojekt LEBENdIGITAL. 2005 haben sie bereits Gedichte des Popliteraten Jörg Fauser vertont. Nun kamen sie auf die Idee, Songs von Udo Lindenberg als Textversion mit Elektrosound neu zu beleben.

Den Panikrocker hatte der Reporter Rausch schon 1987 gesprochen, als DDR-Staatschef Erich Honecker Udo Lindenberg wegen dessen "Sonderzug nach Pankow" vor dem Engels-Haus in Wuppertal traf.

Dennoch war er skeptisch, ob Lindenberg sich auf das Projekt einlässt, denn der pflegt sein Image als Rocker mit Hut. Doch Udo fand die Sache spannend. Die Wuppertaler Musiker reisten zu ihm nach Hamburg und ließen Lindenberg die Liedtexte in seinem Hotel sprechen: "Er hat sich kein einziges Mal versprochen."

Und was wird nun aus dem jungen Autor? Als Jochen Rausch bei seinem Verlag in Köln war, hat ihn das Treppenhaus voller Autorenporträts beeindruckt. Dort würde er sich gerne einreihen, auch wenn er sich zwischendurch mit einem "ach, ist das alles eitel" selbst zur Ordnung ruft. Doch für die Verlags-Galerie muss ein Autor mindestens zwei Bücher veröffentlicht haben. Noch zögert er.

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