IWC-Tagung in Brasilien Japan will Walfangverbot kippen

Florianópolis (dpa) - Über 30 Jahre nach dem weltweiten Verbot des kommerziellen Walfangs wittert Japan seine große Chance. Erstmals hat in diesem Jahr mit Joji Morishita ein Japaner den Vorsitz bei der Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC).

IWC-Tagung in Brasilien: Japan will Walfangverbot kippen
Foto: dpa

Bei der Konferenz vom 10. bis 14. September im brasilianischen Florianópolis wollen die Japaner das ihnen verhasste Walfangverbot kippen.

Dafür haben die Asiaten eine Reihe von Anträgen eingereicht. Unter anderem wollen sie ein Komitee für nachhaltigen Walfang einrichten. Zudem soll der IWC künftig Höchstfangmengen für eine nachhaltige Jagd auf Wale festlegen. „Wir wollen eine Fangquote für solche Walarten, deren Bestände vom wissenschaftlichen Ausschuss des IWC als gesund angesehen werden“, sagte Hideki Moronuki von der japanischen Fischereibehörde der Zeitung „The Japan Times“.

Würde sich Japan mit seinem Vorschlag durchsetzen, wäre das eine Kehrtwende in der internationalen Politik zum Schutz der Meeressäuger. Bislang ist der Walfang nur über rechtliche Schlupflöcher möglich. Hätten die Japaner mit ihrer Initiative Erfolg, wäre die Jagd auf Wale künftig nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel.

„Japan will die IWC zu einem Walfänger-Club umbauen. Diesen Rückfall müssen die Mitgliedsstaaten verhindern“, fordert Stephan Lutter, Referent für Meeressäuger bei der Umweltschutzorganisation WWF. Nach Angaben der japanischen Fischereibehörde ist die IWC gespalten: 48 Mitgliedsstaaten sind demnach gegen den Walfang, 40 sind dafür.

Nur drei Länder jagen noch Wale. Die japanische Walfangflotte erlegt nach Angaben der Umweltschutzorganisation Pro Wildlife jährlich etwa 450 Wale. Offiziell töten die Japaner die Meeressäuger zu Forschungszwecken, tatsächlich landet das Fleisch später in Restaurants und Supermärkten.

Norwegen und Island haben formal Einspruch gegen das IWC-Moratorium von 1986 eingelegt und sind deshalb nicht an das Walfangverbot gebunden. Norwegische Fischer erlegen zwischen 600 und 700 Wale pro Jahr, die Isländer etwa 200. Im kleinen Stil gehen auch noch einige indigene Völker in Russland, Grönland und den USA auf Walfang.

„Wird das Walfangverbot gekippt, könnten auch andere Staaten wie Russland und Südkorea wieder groß einsteigen. Das wäre fatal“, sagt Nicolas Entrup von der Meeresschutzorganisation OceanCare. „Kommerzieller Walfang ist nicht nachhaltig und wird es nie sein. „Wale pflanzen sich nur selten fort und brauchen lange, um heranzuwachsen. Einer industriellen Bejagung halten die Populationen oft nicht stand.“

Ausgerechnet das Gastgeberland Brasilien ist einer der entschlossensten Gegner des kommerziellen Walfangs. Das südamerikanische Land profitiert vom Waltourismus und möchte im Südatlantik ein großes Schutzgebiet für Wale einrichten.

Deshalb treten die Brasilianer der japanischen Initiative mit einem Gegenvorschlag entgegen. Die „Florianópolis-Deklaration“ soll die Walbeobachtung als einzige gerechtfertigte kommerzielle Nutzung der Wale festschreiben. Der IWC soll sich von einer Walfang-Kommission zu einer Walschutz-Kommission wandeln, um die Walbestände wieder auf das Niveau vor der industriellen Bejagung in den Weltmeeren zu bringen.

Allerdings haben die Japaner ein verlockendes Angebot im Gepäck, um auch den Befürwortern des Walfangverbots die Abschaffung des Moratoriums schmackhaft zu machen: Sie wollen die bislang erforderliche Dreiviertelmehrheit für weitreichende Änderungen der IWC-Regeln durch eine einfache Mehrheit ersetzen. Damit kämen die Brasilianer zwar leichter an ihr Schutzgebiet, aber auch das Verbot der kommerziellen Jagd auf Wale ließe sich damit einfacher kippen.

„Wir haben Angst, dass sich die Gegner des Walfangs auf diesen Kuhhandel einlassen“, sagt OceanCare-Experte Entrup. „Das wäre der falsche Weg.“

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