Interview mit Echo-Moderatorin Barbara Schöneberger

„Echo“-Moderatorin Barbara Schöneberger über die Kunst, schlechte Gags zu erkennen, warum sie die Stille liebt und wovor sie auf der Bühne am meisten Angst hat.

Berlin. Wer den „Echo“ gewinnt, der hat es geschafft: Mit der Auszeichnung würdigt die deutsche Musikindustrie regelmäßig die erfolgreichsten deutschen und internationalen Musiker — nominiert sind dieses Jahr neben Pop-Ikonen wie Adele, Lady Gaga oder Lana Del Rey auch Altstars wie Peter Maffay, Herbert Grönemeyer oder Udo Lindenberg. Natürlich darf Schlagersängerin und Hitparadenkönigin Andrea Berg auf der Liste nicht fehlen, und Amy Winehouse ist posthum nominiert.

Das Erste überträgt die Verleihung des „Echo 2012“ am 22.3. ab 20.15 Uhr live aus Berlin, Ina Müller und Barbara Schöneberger moderieren die Show.

Für die 38-jährige Schöneberger („NDR Talk Show“) ist die glamouröse Gala kein Job wie jeder andere: Als selbsternannte „Award-Tante“ moderiert sie zwar regelmäßig Preisverleihungen, doch so große TV-Spektakel wie der „Echo“ sind eher die Ausnahme. Die gebürtige Münchenerin, die selber schon zwei Gesangsalben veröffentlicht hat, ist verheiratet und hat ein Kind. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Frau Schöneberger, Sie moderieren in diesem Jahr gemeinsam mit Ina Müller die Verleihung des Musikpreises „Echo“. Welche Musik hören Sie denn privat?

Barbara Schöneberger: Zur Zeit finde ich Lana Del Rey sehr cool. Aber ich liebe eigentlich jede Art von Musik, die melodiös ist, also ich bin kein Techno-Fan. Ich gehe auch viel lieber in die Oper und zu den Berliner Philharmonikern als in irgendwelche angesagten Clubs. Klassische Konzerte bevorzuge ich schon deshalb, weil ich gerne einigermaßen bequem sitze, wenn ich Musik höre. Mit Stehplätzen habe ich es nicht so.

Und bei welchen Gelegenheiten hören Sie sonst Musik?

Schöneberger: Ich höre Radio im Bad, da singe ich dann gerne mit, auch wenn ich oft den Text nicht kann. Tagsüber habe ich es ansonsten gerne ruhig zu Hause. Ich leide etwas darunter, dass wir immer und überall mit Musik berieselt werden — sobald man ins Flugzeug oder ins Taxi steigt, geht das Gedudel los. Da finde ich es ganz schön, wenn mal Ruhe ist.

Das Fernsehpublikum kennt Sie vor allem aus der „NDR Talk Show“. Weniger bekannt ist, dass Sie eine steile Karriere als Moderatorin diverser Preisverleihungen gemacht haben.

Schöneberger: Im deutschsprachigen Raum werden von Firmen und Verlagen wahnsinnig viele Preise verliehen, deshalb bin ich die Award-Tante geworden. Neulich habe ich den „Wine Award“ einer Feinschmeckerzeitschrift moderiert, demnächst kommen die „Vienna Fashion Awards“ und der „Rose d’Or“. Ich moderiere hauptsächlich außerhalb des Fernsehens, das macht 80 Prozent meiner Arbeitszeit aus. Das Praktische an diesen Off-Air-Events: Ich kann zehn Mal dasselbe Kleid anziehen, das kennt ja beim nächsten Auftritt keiner.

Haben Sie für diese Moderationen inzwischen eine Routine entwickelt, vom Haare fönen bis zu dem Moment, in dem Sie auf die Bühne gehen und das Gastgeberlächeln anknipsen?

Schöneberger: Na klar, ich fange in der Regel morgens an, mich inhaltlich vorzubereiten. Und ich habe immer meinen Visagisten dabei, der macht mein Make-up, das ist in schlappen zwei Stunden erledigt und ich kann auf die Bühne. Und hinterher knipse ich das Lächeln ganz schnell wieder aus und sinke todmüde ins Hotelbett.

Lassen Sie sich Ihren Text für den „Echo“ eigentlich schreiben oder machen Sie das spontan?

Schöneberger: Es gibt für jede Sendung ein Script. Kein Sender auf der Welt würde eine Show starten, wo er nicht genau weiß, was in Minute eins, in Minute 17 und in Minute 23 gesagt wird, aber es wird immer so getan, als würden sich die Moderatoren alles selber ausdenken. Ich weiß noch, was für ein Aufschrei durch die Nation ging, als rausgefunden wurde, dass Harald Schmidt sich nicht alles in der Sendung spontan einfallen lässt, sondern dass der ja jede Menge Leute hat, die sich die Pointen für ihn überlegen.

Die Kunst des Moderators liegt darin, es trotzdem spontan aussehen zu lassen?

Schöneberger: Das Kunststück ist es vor allem, schon vorher zu wissen, was klappen wird und was nicht. Es gibt immer wieder Vorschläge für Witzchen, Gags, lustige Ideen, die sich die Autoren ausdenken und die theoretisch gut klingen, aber ich weiß aus meiner Erfahrung heraus, dass das auf der Bühne ein totaler Rohrkrepierer wird. Viel wichtiger als gute Witze zu machen ist es, vorher die schlechten Witze und schlechten Ideen auszusortieren.

Von allen denkbaren Pannen: Welche ist Ihr größter Alptraum?

Schöneberger: Dass die Leute das nicht lustig finden, was ich mache. Der „Echo“ ist eine relativ anspruchsvolle Veranstaltung, weil du den Spagat hast zwischen einem normalen, relativ konservativen Publikum an den Fernsehern und den zum Teil betont coolen Künstlern in der Halle, die nicht unbedingt klatsch- und applausbereit sind. Da muss man natürlich gucken, dass man alle abholt.

Gibt es ein Event, das Sie besonders gerne mal moderieren würden? Vielleicht die „Oscar“-Verleihung?

Schöneberger: Ich habe noch nie auch nur einen Schnipsel der „Oscar“-Verleihung live gesehen, weil ich glaube, dass das wahnsinnig langweilig ist. Man guckt ja eh nur wegen der geilen Klamotten, und die kann man sich am nächsten Tag auch in der Zeitung anschauen. Ansonsten sind so Preisverleihungen immer wieder das Gleiche, auch die in Amerika, die bei uns immer hochstilisiert werden. Wer sich schon mal die MTV-Music-Awards angeschaut hat, der weiß, wie peinlich es ist, wenn da zwei Sänger als Laudatoren stehen und im Duett einen Text ablesen müssen. Das geht immer in die Hose.

Bei Ihrer Doppelmoderation mit Ina Müller wird es also nicht so sein, dass die eine einen Satz anfängt und die andere ihn beendet?

Schöneberger: Ich glaube, dass man uns beide ausgewählt hat, weil man genau das nicht von uns erwartet. Beim „Echo“ soll es um die Künstler gehen, und wir zwei sollen nicht groß stören. Wir wollen uns unauffällig ins Mobiliar einfügen und ab und zu einen guten Witz machen.

Als Zuschauer hat man den Eindruck, dass die Veranstalter solcher Shows zunehmend versuchen, mit emotionalen Momenten wie dem Auftritt von Monica Lierhaus bei der „Goldenen Kamera“ für Aufsehen zu sorgen.

Schöneberger: Bei Monica Lierhaus musste man sich schon fragen, ob das die Art von Emotionalität war, die man am Ende einer „Goldenen Kamera“ braucht. Generell braucht eine solche Sendung aber große emotionale Momente, und es ist zunehmend schwierig, das zu kriegen. Es ist immer erwünscht, dass Leute außer Rand und Band sind, wenn sie gewinnen, dass sie sich gar nicht einkriegen und heulen. Aber die Musikbranche ist cool. Da gehen die Gewinner auch schon mal auf die Bühne und sagen: „Geil! Alter Schwede!“, und das war’s dann.

Für den Echo sind aber auch die „Kastelruther Spatzen“ nominiert, die sind ja nicht wirklich cool.

Schöneberger: Einerseits ja, andererseits haben die ja auch schon 13 Echos gewonnen. Über die „Kastelruther Spatzen“ oder über Andrea Berg schmunzeln die lässigen Musiker, die im Saal sitzen und bis ins Gesicht hoch tätowiert sind, ja gerne mal. Aber gerade Andrea Berg ist dann diejenige, die mit der Schubkarre die Kohle nach Hause fahren kann, weil sie die Einzige ist, die noch richtig Platten verkauft. Am Ende kann sie über alle lachen. Das finde ich eigentlich ganz schön.

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