Interview: Brite staunt über nackte Deutsche

Reisejournalist Ben Donaldhat sich in das Land des Sauerkrauts begeben – und beschreibt in seinem Buch Macken und Liebenswürdigkeiten der Bewohner.

London. Ben Donald hatte sie satt - die lärmenden Junggesellen-Wochenenden an spanischen Stränden, die Knallfarben der Billig-Airlines, die jedes unberührte Paradies in einen Zirkus des Massentourismus verwandeln.

Als Reiseziel hat der Brite nun Deutschland für sich entdeckt - und weil er sich so oft dafür rechtfertigen muss, schickt er seine Liebeserklärung an die "Krauts" gleich in Buchform hinterher.

Herr Donald, wie hat Ihre Frau reagiert, als Sie ihr erzählt haben, dass Sie die Sommerferien in Deutschland verbringen wollen?

Donald: Sie hat höflich gesagt: Nein, danke; da führe sie lieber nach Wales. Etwas Besseres als den Tod fände sie überall. Und wenn es schon keine Sonnen-Garantie gebe, dann doch zumindest einen Strand.

Autsch.

Donald: So ist das Deutschland-Bild leider noch oft in Großbritannien, auch wenn es sich langsam ändert. Die meisten halten Euch immer noch für ordentlich und pünktlich, aber auch für zu direkt und humorlos. Das Essen gilt als schrecklich, und als Musik habt Ihr nur Techno oder Schlager - so ist das Bild. In der englischen Buchhandlung habe ich nicht mal ein lockeres, leichtes Reisebuch gefunden.

Diese Lücke füllen Sie ja nun mit Ihrem Handbuch "Deutschland for Beginners", dessen deutsche Version soeben erschienen ist. Wo haben Sie Ihre Recherche-Urlaube verbracht?

Donald: Zuerst auf Rügen. Wir waren begeistert - und sind sogar braun geworden. Und überall gibt es wunderbare Strandkörbe. Die sind übrigens typisch deutsch: Man hat das beste Utensil fürs Sonnenbaden entwickelt, mit dem man gleichzeitig seinen Platz behaupten kann und alles parat hat. Absolut vollkommen! So einen Strandkorb brauche ich noch für meinen Londoner Garten.

Ich hoffe, Ihre Frau war am Ende auch überzeugt.

Donald: Oh ja. Deutschland ist ja wunderbar für Familienurlaube. Wir waren immer draußen mit den Rädern, und die Deutschen sind zu Kindern mindestens so süß wie die Südländer. In Euch steckt ja selbst oft noch ein Kind: Man denke nur an die Gartenzwerge, die Weihnachtsmärkte oder Schloss Neuschwanstein. Selbst das Oktoberfest war kinderfreundlich - und gemütlich. Beim Karneval in London gibt’s ja regelmäßig Messerstechereien und Tote.

Gibt es irgendetwas, was Sie schockiert hat- und auf das Sie die englischen Leser in Ihrem Reisebuch schonend vorbereiten müssen?

Donald: Puh. Das deutsche Verhältnis zur Nacktheit hat mich etwas aus der Fassung gebracht. Diese FKK-Strände. Und die Tatsache, dass Ihr nackt in die Sauna geht...

Was zieht man denn in einer britischen Sauna an? Einen Regenmantel?

Donald: Badeanzug und Badehose natürlich. Die habe ich mir in Deutschland auch an der Hallenbad-Kasse gekauft - und dann betrete ich die Sauna und sehe: Es sind alle nackt. Selbst die Mädchen! Das würde in England überhaupt nicht funktionieren. Irgendwelche Männer würden da immer rumhängen und auf eine Gelegenheit warten, die Fräuleins anzugraben. Es würde Beschwerden hageln! Aber die Deutschen schaffen es, alle sexuellen Gefühle in der Sauna abzuschalten. Das bewundere ich, ehrlich gesagt. Die Badehose habe ich dann ungetragen an der Kasse zurückgeben können.

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