Internet-Abenteurer hinter Gittern - umstrittene Plattform „Megaupload“

Jahrelang war der Online-Pionier Kim Schmitz verschwunden. Am Freitag wurde der Gründer der umstrittenen Plattform „Megaupload“ verhaftet.

Düsseldorf. Im Leben von Kim Schmitz erschien alles immer schon eine Nummer zu groß. Er selbst bezeichnete sich gern als Hacker-Genie, Multimillionär und Großunternehmer. In Porträts über ihn kursieren Begriffe wie Hochstapler oder Internet-Hasardeur.

Nach Jahren in der Versenkung ist der 38-Jährige am Freitag wieder aufgetaucht — als Gründer und Betreiber der Plattform „Megaupload“, dem angeblich größten Umschlagplatz für Raubkopien im Netz. Schmitz’ Unternehmen soll 175 Millionen Dollar daran verdient haben. Seit Freitag sitzt er mit drei Geschäftspartnern wegen mutmaßlicher Copyright-Verstöße in Neuseeland in Untersuchungshaft.

Mitte der 90er Jahre war er einer der Ersten, der sich als Hacker bezeichnete und als solcher sogar im Fernsehen auftrat. Dubiose Geschichten kursierten über den Internet-Wunderknaben. Zum Beispiel, dass er das Kreditlimit von Helmut Kohl auf Null gesetzt und US-Verteidigungssatelliten angezapft haben soll. Bestätigt ist das alles bis heute nicht.

1998 verurteilte ihn das Landgericht München wegen Computerbetrugs zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung. Schmitz, der zuvor im Alter von nur 17 Jahren ein Begabten-Abitur absolviert hatte, war mit einem Komplizen in die Computersysteme von Unternehmen eingedrungen. Das Ziel: Die Schwachstellen des Systems finden und den Firmen entsprechende Sicherheitssoftware verkaufen. Zwei Firmen stellten Strafanzeige.

Trotzdem war Schmitz plötzlich gefragt. Das Internet boomte, keiner kannte sich aus, aber alle wollten dabei sein. Kim Schmitz wurde zum begehrten Sicherheitsberater für Unternehmen. Schließlich gründete er die Beratungsfirma Data Protect Consulting und verkaufte Anfang 2000 80 Prozent seiner Anteile an den Tüv Rheinland.

Seinen neuen Reichtum nutzte Schmitz für seine zweite große Leidenschaft: das Leben auf sehr großem Fuß. Er tauchte in den Promi- und Boulevardmagazinen der Privatsender auf. Mal gab er eine Party auf Mallorca, für die er Prominente mit Helikoptern einfliegen ließ. Mal ließ er sich bei illegalen Autorennen filmen. Der zur Schau gestellte Lebensstil war so obszön verschwenderisch, dass der übergewichtige Tausendsassa bundesweit bekannt wurde.

Der zweite Sturz folgte 2002. Schmitz wurde in Thailand wegen Insiderhandels festgenommen. Er hatte Millionen-Investitionen in ein Netzportal zugesagt. Als daraufhin dessen Aktien in die Höhe schossen, soll er seine Anteile mit Rekordgewinn verkauft haben. Ein Investment folgte dagegen nie. Schmitz wurde zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Danach endete das öffentliche Leben des Internet-Abenteurers. Bis Freitag. Doch Kim Schmitz könnte gleich wieder von der Bildfläche verschwinden. Wegen des organisierten Austausches illegaler Daten drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Im Netz sind seine Spuren bereits getilgt. Die Seite „Megaupload“ ist seit Freitag offline.

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