Prognose In Deutschland werden Christen zur Minderheit

Frankfurt/Main · Bei Mitgliedern und Finanzen gehen die beiden großen christlichen Konfessionen düsteren Zeiten entgegen. Das haben sich katholische und evangelische Kirche jetzt bescheinigen lassen. Einen Lichtblick sieht eine Untersuchung dennoch.

 Die Zahl der Kirchenmitglieder schrumpft.

Die Zahl der Kirchenmitglieder schrumpft.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland sinkt laut einer Studie drastisch - bis zum Jahr 2060 um 49 Prozent auf 22,7 Millionen. Die Hauptgründe sind Austritte, weniger Taufen sowie die alternde Bevölkerung, wie eine Untersuchung der Universität Freiburg zeigt. Der Abwärtstrend könnte auch zu dramatischen Finanzierungslücken bei den Kirchen führen. Die Studie des Forschungszentrums Generationenverträge (FZG) wurde am Donnerstag gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) veröffentlicht.

Nominell gesehen bleibt 2060 das Aufkommen der Kirchensteuer zwar mit zwölf Milliarden Euro auf dem aktuellen Niveau. Berechnet man aber steigende Gehälter und die Inflation ein, bräuchten die Kirchen der Studie zufolge zur Finanzierung von Personal und Gebäuden knapp 25 Milliarden Euro. Die Studie ermittelt daher einen Verlust von 51 Prozent bei der Kaufkraft der Kirchen.

Bei der Mitgliederzahl der beiden Kirchen geht Studie bereits für das Jahr 2035 von einem Rückgang um zehn Millionen auf 34,8 Millionen aus. Im Osten Deutschlands, wo schon jetzt weniger Christen leben, werden die beiden Kirchen 2060 nur noch 1,5 Millionen Mitglieder haben - 2017 waren es noch 3,2 Millionen. In absoluten Zahlen werden aber noch deutlich höhere Rückgänge für andere Teile Deutschlands beziffert.

Den demografischen Faktor - Überalterung und Bevölkerungsrückgang - macht die Studie lediglich zu einem Drittel für die prognostizierte Entwicklung verantwortlich. Stärker ins Gewicht fielen andere Faktoren wie Austritte oder das Tauf- und Aufnahmeverhalten.

Darüber zeigte sich der Leiter der Studie, der Finanzwissenschaftler Prof. Bernd Raffelhüschen, überrascht. Den Kirchen böte sich damit zugleich die Chance, Strategien etwa zur Verhinderung von Austritten zu entwickeln. Wichtig für deren Einnahmen sei gerade die steuerstarke obere Mittel- und Oberschicht.

In der Mitglieder-Prognose schneidet die katholische Kirche wegen der Altersstruktur und jüngsten Zuwanderungen aus dem katholischen Osten Europas etwas besser ab. Bei der evangelischen Kirche gibt es auch mehr Austritte - allerdings auch mehr Wiedereintritte. Generell sieht die Untersuchung bei den Austritten der vergangenen Jahre einen eindeutigen Zusammenhang zu aktuellen Ereignissen wie etwa den Enthüllungen über den Missbrauch von Kindern durch Geistliche.

Die FZG-Projektion beschreibe einen Trend, den die Sozialforschung bereits vor Jahren festgestellt habe, erklärte dazu der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strom. „Manches am Rückgang an Kirchenmitgliedern werden wir nicht ändern können. Anderes aber schon.“ Der Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärte, man werde die Arbeit an den veränderten Bedingungen ausrichten. Die Studie werte er als einen „Aufruf zur Mission“.

(dpa)
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