Hella von Sinnen: Eine Ulknudel wird weise

Sie ist schrill, laut und sicher nicht jedermanns Sache: Seit 20 Jahren gehört Hella von Sinnen zur TV-Unterhaltung. Am Montag wird sie 50 Jahre alt.

Köln. Sie zwängt ihren Körper selbstbewusst ins peinlichste Outfit, ist nie um eine Antwort verlegen, reißt Witze, für die mancher Kerl erröten würde. Seit Jahrzehnten ist Hella von Sinnen auf dem TV-Bildschirm derart präsent, dass kaum jemand vermeiden konnte, sich sein Urteil über sie zu bilden: Einige können sich über sie totlachen, andere finden sie einfach nur schrecklich.

Am Montag wird die füllige Ulknudel 50 Jahre alt. Heute sagt sie Sätze wie: "Das ist das Schöne am Älterwerden, da wird man weiser."

Ist die offensive Comedy-Frau mit der großen Klappe privat weniger auf Krawall gebürstet? Oder haben sie die Jahre gezähmt? "Es kann natürlich sein, dass man mit 30 mehr Lust hat auf wilde Dinge", räumt sie ein.

Damals, 1988, gelingt ihr der Durchbruch im ebenfalls noch jungen Privatfernsehen, gemeinsam mit Hugo Egon Balder im RTL-Nonsens- Magazin "Alles nichts oder?!".

Den Künstlernamen hat sich die blonde Komikerin aus Gummersbach, die bürgerlich Kemper heißt, zu diesem Zeitpunkt längst zugelegt und ihn nach ein paar Semestern Film- und Theaterwissenschaften auch in der Kölner Kleinkunstszene bekanntgemacht.

Für Furore sorgt die Feministin und bekennende Lesbierin Anfang der 90er Jahre mit "Weiber von Sinnen" (RTL): Den nackten Busen aus Balders "Tutti Frutti" setzt sie die "ersten Erotik-Clips für Frauen" entgegen, plauscht mit Promis über Sex und Seitensprünge, besucht Prostituierte.

Von einem Tabubruch will sie rückblickend trotzdem nicht reden. "Da haben wir halt mal ’nen kleinen nackten Schniedel gezeigt", sagt sie.

Lieber spricht sie über ihre aktuellen "lustigen kleinen Projekte": ein Comic-Band mit ihren liebsten Donald-Duck-Geschichten und eine Kunstausstellung mit Handy-Fotos. Als darstellende Künstlerin, sagt sie, genieße man es, wenn abends mal etwas einfach still an der Wand hängt und sich nicht bewegt.

Nach wie vor ist sie als professionelle Quasselstrippe eine TV-Größe - und stolz darauf: "Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man 20Jahre als Frau und Entertainerin im Fernsehen sein darf." Das einzige Solo-Format, das ihren Namen trug, "Die Hella von Sinnen Show", floppte nach nur zwei Folgen.

Aber sie gehört zum festen Inventar der Ratesendung "Genial daneben" und gibt gelegentlich einen Abend lang bei Sat.1 die Moderatorin. Als leidenschaftliche Cineastin lockt sie außerdem die Kino-Leinwand: "Ich hätte gerne einen Oscar für die beste Nebenrolle", ulkt sie über ihre Zukunftspläne.

"Mein 30. und 40. Geburtstag waren furchtbar", hat von Sinnen vor ein paar Jahren in einem Interview gesagt. Und dass sie große Angst habe vor dem Älterwerden.

Auge in Auge mit dem nächsten runden Geburtstag demonstriert sie allerdings Gelassenheit: "Ich bin dankbar, dass ich 50 werden darf und gesund durchs Leben gehen kann."

Woher der Sinneswandel? "Meine Gattin" - die Altbundespräsidenten-Tochter Cornelia Scheel - "hatte irgendwann die Faxen dicke von diesem ,Jammer, Jammer, schon wieder ein paar Jahre älter’", sagt sie.

Also reißt sie sich jetzt zusammen, gibt sich Mühe, jeden Tag zu genießen und einfach die alte Hella zu bleiben - nur ein bisschen weiser.

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