Heerlen: Situation immer schlimmer, Wohnungen geräumt

Heerlen. Ein Teil des Einkaufszentrums 't Loon in Heerlen wird kontrolliert zum Einsturz gebracht oder abgerissen. Diesen Beschluss hat Heerlens Bürgermeister Paul Depla am späten Freitagabend verkündet.

In der Nacht zu Samstag mussten auch die Bewohner eines angrenzenden Hochhauses ihre Wohnungen verlassen, auch hier besteht inzwischen Einsturzgefahr. Man wolle nicht länger tatenlos zusehen, wie der Gebäudekomplex immer weiter absacke, der Druck auf die tragenden Säulen in der Tiefgarage zunehme und ein Einsturz drohe.

Den Zeitpunkt dafür aktiv zu bestimmen sei sicherer, so der Bürgermeister. Unter anderem gehe es darum, dass bei einem unkontrollierten Einsturz des Gebäudes aus dem Jahr 1965 Asbest frei werden könnte, der sich in der Gegend verteilen würde. Mit einer großen Zahl von Fachleuten, auch aus den Nachbarländern Belgien und Deutschland überlegen die niederländischen Behörden nun, wann und auf welche Art der Abriss vor sich gehen soll.

Die Realität überholt aber immer wieder die Überlegungen. Bisher war man davon ausgegangen, dass von einem Einsturz nur der Bereich mit den zehn Geschäften, die bereits am Dienstag geräumt worden waren, betroffen wären. Inzwischen kann man einen Domino-Effekt, der alle Gebäude vernichten würde, nicht mehr ausschließen.

Zunächst war den Eigentümern bis Montagmittag um 12 Uhr Gelegenheit eingeräumt worden, auf den Abriss-Beschluss zu reagieren. Jetzt muss möglicherweise alles noch schneller gehen. Am Freitagabend hatte man den Ladenbesitzern gestattet, noch Dinge aus ihren Geschäften zu holen.

Die Stadt Heerlen bemüht sich darum, die Kaufleute, besonders die kleineren Selbstständigen, aufzufangen. Ab Montag sollen den zehn, die ihre Läden verlieren werden, neue Ladenlokale angeboten werden. Auch alle anderen können sich in einem Büro, das eigens im Arbeitsamt eingerichtet wird, Hilfe holen — dabei geht es vor allem bei den kleineren Selbstständigen um Kurzarbeit für ihre Beschäftigten, möglicherweise darum, dass sie sie gar nicht mehr bezahlen können.

Die insgesamt 50 Händler, die bislang in 't Loon untergebracht waren, beziffern den Schaden, der ihnen durch das entgangene Vorweihnachtsgeschäft entstehe, auf mehrere Millionen Euro. Bei der Suche nach der Ursache für die Einsturzgefahr sind die Experten bislang noch nicht weitergekommen.

Grundwasserabsenkungen im Zusammenhang mit den Tagebauen auf deutscher Seite, hält ein Sprecher der Betreiberfirma RWE Power für unwahrscheinlich — Heerlen liege auf völlig anderem Gestein als das rheinische Revier, die Auswirkungen seien nicht bis hierher spürbar. Der Boden bewegt sich jedoch immer noch. Inzwischen bringen mehr Experten den Gedanken an die aufgegebenen Steinkohle-Stollen unter der Stadt Heerlen ins Spiel. Von 1894 bis 1974 war hier in insgesamt vier Zechen Steinkohle gefördert worden.

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