Hat ein V-Mann Amri aufgestachelt?

Neuer Ausschuss im Landtag soll Rolle von LKA-Informant in Bezug auf Berliner Attentat klären.

Hat ein V-Mann Amri aufgestachelt?
Foto: dpa

Düsseldorf. Der NRW-Untersuchungsausschuss zum Terrorfall Anis Amri wird sich auch mit brisanten Fragen rund um die Rolle eines V-Manns bei dem Anschlag in Berlin befassen. Er gehe davon aus, dass man das sehr schnell auf die Agenda setzen werde, sagte der Vorsitzende Jörg Geerlings (CDU) gestern in Düsseldorf unmittelbar vor dem Start einer Neuauflage des Ausschusses. Das Gremium werde dazu Zeugen des Landeskriminalamtes (LKA) befragen.

Nach jüngsten Medienberichten soll der vom LKA NRW geführte Informant in der Islamistengruppe um Amri möglicherweise selbst zu Anschlägen angestachelt haben. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und die „Berliner Morgenpost“ berufen sich dabei unter anderem auf Strafverteidiger von Islamisten aus der Gruppe um den in Celle angeklagten Hassprediger Abu Walaa. Der Informant der NRW-Behörden habe vor Mitstreitern gesagt, man brauche „gute Männer, die in der Lage sind, Anschläge zu verüben“.

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Grünen-Fraktionschefin Monika Düker betonte, die neuen Behauptungen bildeten einen klaren Widerspruch zu dem, was man bisher aus Daten der Sicherheitsbehörden zu dem V-Mann wisse. „Diesen Widerspruch müssen wir aufarbeiten, und dazu werden wir das LKA befragen“, kündigte das Ausschussmitglied an. Bislang gehe aus Unterlagen für den ersten NRW-Amri-Ausschuss hervor, dass der Vertrauensmann mehrfach ausdrücklich vor der Gefährlichkeit Amris gewarnt habe.

Es sei nicht auszuschließen, dass der V-Mann „ein doppeltes Spiel spielte“, sagte Düker. Andererseits sei zu bedenken, dass die neuen Vorwürfe aus der Islamistenszene kämen.

Berlin am zweiten Tag nach dem Anschlag am Breitscheidplatz
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Der erste Untersuchungsausschuss zum Fall Amri des nordrhein-westfälischen Landtags musste seine Arbeit mit der Landtagswahl im Mai unvollendet einstellen. Der zweite U-Ausschuss soll ebenfalls klären, ob Landesregierung und NRW-Behörden Fehler gemacht haben und der Anschlag vom 19. Dezember 2016 auf einem Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten möglicherweise hätte unterbunden werden können.

Wie viel Zeit dafür benötigt werde, sei noch nicht absehbar, sagte der Ausschuss-Vorsitzende Geerlings. Der Islamist Amri hatte sich länger in NRW aufgehalten, für den abgelehnten Asylbewerber aus Tunesien war die Ausländerbehörde in Kleve zuständig.

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Der länderübergreifende Austausch der Behörden vor dem Anschlag hatte laut einem Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums funktioniert. Ihm sei nicht bekannt, dass es „irgendwo gehakt hätte“, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Internationaler Terrorismus im BMI, Jens Koch, als erster Zeuge gestern. Amri sei oft zwischen Berlin und NRW gependelt, die Landesbehörden hätten sich gegenseitig informiert.

Koch hatte eine Chronologie zusammengestellt, die alle Daten rund um Amri seit seiner Ankunft in Deutschland im Juli 2015 und das Behördenhandeln umfasst. Ein vom Berliner Senat eingesetzter Sonderermittler hatte jüngst eine schlechte Zusammenarbeit der Behörden in ganz Deutschland gerügt. Dabei hatte er auch die Polizei in NRW kritisiert.

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