Günther Grass: Routinierter Selbstdarsteller

Der Dokumentarfilm „Der Unbequeme“ über Günther Grass wurde in Anwesenheit des Dichters vorgestellt. Er zeigt sowohl der Privatmensch als auch den Dichter.

<strong>Düsseldorf. "Auf der Bühne lebe ich auf", sagt Günther Grass zu Autogrammjägerinnen in Paris. Und wahrlich, dort auf der Bühne, wo er mit seiner Tochter Helene ein Programm deutscher Romantiker probt, lebt er auf, - und es wird eine der schönsten Szenen im Filmporträt von Nadja Frenz und Sigrun Matthiesen. Zum einen kann man ein winziges Zipfelchen vom Privatmenschen G. G. erhaschen (und feststellen, wie rührend seine Tochter dem jungen Grass ähnelt), zum anderen wird deutlich, wie lustvoll der Dichter mit dem Rhythmus der Sprache umgeht. Zum einen kann man ein winziges Zipfelchen vom Privatmenschen G. G. erhaschen (und feststellen, wie rührend seine Tochter dem jungen Grass ähnelt), zum anderen wird deutlich, wie lustvoll der Dichter mit dem Rhythmus der Sprache umgeht. Beinahe glaubte man nicht mehr daran, dass der Autor zur Deutschlandpremiere seines Films im Düsseldorfer Atelier-Kino kommen würde, da entdeckten ihn die Fotografen in der letzten Reihe des Zuschauerraums. Erst nach der Vorführung stellte er sich einigen Fragen. Natürlich ist er zufrieden mit dem Film: "Ich habe mich wiedererkannt", bestätigt er leicht ironisch, um anschließend von dem "aufmerksamen jungen Team" zu schwärmen, das ihn in den letzten drei Jahren in ausgewählten Situationen begleitet hatte. Offenbar dezent im Hintergrund, denn: "Was mir gefällt, ist, dass nichts gestellt ist".

"Für Sie laufe ich nicht von rechts nach links durchs Bild"

Gleich zu Beginn hatte Grass den beiden Regisseurinnen gesagt: "Für Sie laufe ich nicht von rechts nach links durchs Bild", aber dann habe er doch "zugelassen", dass aus der "Fülle" seines Lebens ein Filmporträt entstehe, nun wo sein 80. Geburtstag sich nähert. Als Geburtstagsgeschenk ist der Film ideal, denn er ist - um es positiv auszudrücken - eine liebevolle Hommage an ein Denkmal. Warum er den Titel "Der Unbequeme" trägt, bleibt ein Rätsel. Man sieht Grass in seinem Atelier beim Modellieren, man sieht ihn im Verlag den selbst entworfenen Umschlag seines neuen Buches begutachten, und man sieht ihn vor allem und immer wieder bei Auftritten und Lesungen. In Danzig und Hamburg, in Paris und Warschau, im Jemen und in Frankfurt am Main: Angekündigt wird der berühmte Dichter und Denker, der Nobelpreisträger, der Wahlkampfhelfer. Man sieht ihn mit Gerhard Schröder, mit Hans Magnus Enzensberger, mit Salman Rushdie. Auf Dauer wird das stereotyp und zeigt die Problematik des Verzichts auf Archivmaterial. (Seltsamerweise wurden dann doch Archivaufnahmen verwendet: von der Nobelpreisfeier in Stockholm!)

In beinahe allen Szenen stellt Günther Grass sich selbst dar, und er ist ein routinierter Selbstdarsteller: Er spaziert mit Übersetzern durch Danzig, gibt Autogramme, spricht mit Schülern in Lübeck über das Schreiben, reist in den Jemen und stellt dort die brisante Frage, ob es junge Kollegen überleben würden, wenn sie ungeschminkt die Realität zeigten. (Welche Antwort hat er sich erwartet?)

"Der Unbequeme" (87 Min.) ist ein Dokumentarfilm von Nadja Frenz und Sigrun Matthiesen, der am 19. April ins Kino kommt. Produziert wurde er von Regina Ziegler mit ZDF und arte, gefördert von der Filmstiftung NRW.

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