Gramercy Park in Manhattan: Ein Schlüssel als Statussymbol

Seit 200 Jahren ist der Gramercy Park in Manhattan eine Oase der Ruhe. Rein kommt aber nur, wer ums Eck wohnt und gern tief in die Tasche greift.

New York. Klein, eckig, silber — auf den ersten Blick wirkt der begehrteste Schlüssel New Yorks unscheinbar, aber er öffnet das Tor in eine andere Welt. Wer eines der 400 Exemplare besitzt, kann den mitten in Manhattan gelegenen Gramercy Park, den einzigen echten Privatpark der Millionenmetropole, betreten und sich des Neides aller New Yorker und Touristen draußen am Zaun sicher sein. „Der Park ist einfach wunderschön“, sagt Lena Koropey, die um die Ecke wohnt. „Er hält die Gegend ruhig, und sobald ich ihn betrete, atme ich aus.“

Seit Koropey als Mädchen den direkt am Park gedrehten Woody-Allen-Klassiker „Hannah und ihre Schwestern“ gesehen hatte, wollte sie genau dort wohnen: am Gramercy Park. Das Viertel im Schatten des Empire State Buildings ist eine Oase der Ruhe in einer der geschäftigsten — und dank des Parks auch teuersten — Gegenden der Stadt. Heute residieren Karl Lagerfeld, Julia Roberts, Uma Thurman und Rufus Wainwright am Gramercy Park. Der Schlüssel ist eines der begehrtesten Statussymbole der Stadt.

Jeder Anwohner kann sich für 350 Dollar pro Jahr einen Schlüssel bestellen. Wer ihn einmal verliert, zahlt 1000 Dollar, wer ihn noch mal verliert 2000. Anwohner können bis zu fünf Gäste mitbringen. Schlüssel und Schlösser werden jedes Jahr ausgetauscht. „Vor zehn Jahren sind plötzlich überall Schlüssel aufgetaucht“, sagt Arlene Harrison, Präsidentin der Parkverwaltung und Herrscherin über die Schlüssel. „Wir haben herausgefunden, dass ein Schlosser in Europa sie nachmachte.“ Harrison setzte dem Treiben mit noch strengeren Sicherheitsvorschriften ein Ende. So bekommen die Gäste des direkt am Park gelegenen Gramercy Park Hotels keine Schlüssel mehr ausgeliehen, sondern müssen hin und zurück eskortiert werden.

„An einem schönen Tag mache ich das allein am Vormittag sicher zehn mal“, sagt der Portier, der den begehrten Schlüssel an einem Metallring bei sich trägt. Er selbst würde mit seiner Familie allerdings nicht in den Park gehen — vor allem wegen der vielen Verbote: Ballspielen, den Rasen betreten, Fotografieren, Radfahren, Haustiere, Joggen, Essen, Trinken, Eichhörnchen füttern und fast alles, was nicht beim auf der Bank sitzen gemacht werden kann, ist streng untersagt. „Ich nenne ihn den Park ohne Spaß“, sagt der Hotelportier. „Ich gehe lieber in den Central Park.“

Lena Koropey ist vor ein paar Jahren umgezogen. Die Wohnung liegt nicht mehr direkt am Park, ihren Schlüssel musste sie abgeben. Nun kann sie nur noch mit Freunden und Bekannten in den Park. „Jetzt erst merke ich wirklich, was ich da hatte.“

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