Gesperrte A57: Auf der Ausweichstrecke bahnt das Blech sich seinen Weg

Auf der Ausweichstrecke B 9 geht es nur im Schritttempo voran. Auf den Autobahnen bleibt das Chaos bislang aus.

Dormagen. Die Unfallstelle an der A 57 bleibt nach der Massenkarambolage wohl noch bis zum letzten Februar-Wochenende gesperrt. Die 70 000 Fahrzeuge, die täglich über die Autobahn zwischen Neuss und Köln fahren, müssen auf andere Strecken ausweichen. Zum befürchteten Chaos kommt es am Tag nach der Katastrophe zwar nicht, auf der B 9 staut sich der Verkehr allerdings dauerhaft. Auf elf Kilometern von Dormagen bis zur A 46 in Neuss geht es — wenn überhaupt — nur im Schritttempo.

„Ich bin mehr als eine Stunde zu spät. Keine Ahnung, wie ich das wieder aufholen soll“, schimpft ein Lkw-Fahrer, der gerade Joghurt-Kartons im Aldi-Verteilzentrum in Dormagen-Delrath abgeliefert hat. „Um diese Uhrzeit müsste ich längst bei einem anderen Kunden sein“, sagt auch Brummifahrer Robert und steigt genervt in seinen Fahrer-Bock.

Donato Milano wohnt an der B 9. „Ich bin heute Morgen wegen des Lärms aus dem Bett gefallen“, sagt der 73-Jährige. Auch die EDV-Firma Deka hat ihren Sitz direkt an der B 9. Geschäftsführer Marc Connemann: „Unsere Außendienstler kommen nicht mehr durch. Die Folgen für unsere Firma kann ich noch gar nicht abschätzen.“

Willi Boes kommt jeden Morgen aus Worringen in den „B 9 Truck Stop“ an der Bundesstraße bei Zons zum Frühstück. „Ich brauche sonst zehn Minuten, heute war es eine halbe Stunde“, sagt der 63-Jährige. Er hofft, dass mehr Autofahrer die Umleitungsempfehlungen über die A 59 und die A 3 nutzen. „Das ist ein Verlust für uns. Wir haben zwar unsere Stammkunden, aber die meisten Lkw-Fahrer haben für eine ausgedehnte Pause keine Zeit mehr“, sagt Theopola Kustuodi, der den „B 9 Truck Stop“ betreibt und jetzt auf seinem Hackbraten sitzen bleibt. Positiver sieht das ein Mitarbeiter der Shell-Tankstelle ein paar Meter weiter: „Immerhin kaufen sich viele noch schnell ein Brötchen.“

Auch vor der Rheinfähre in Zons drängeln sich die Autos im Berufsverkehr. Die erste Fähre legt um 6.15 Uhr am Rheinkilometer 718 los. 15 bis 17 Autos kann die Fähre über den Rhein bringen. Am Morgen warten aber schon 60 bis 80 Fahrzeuge auf die Überfahrt. „Die Autofahrer stehen lieber hier am Rhein eine Stunde in der Schlange als drei Stunden auf der B 9“, sagt Uwe-Jörg Nammert, Kassierer auf der Fähre. Am Mittag entspannt sich die Lage.

Trostlos ist es auf der Raststätte Nievenheim. Außer den Autos der Ingenieure des Landesbetriebs Straßen, die die vom Brand und Massenunfall schwer beschädigte Autobahnbrücke 500 Meter weiter in Augenschein nehmen, ist kaum jemand da. Es ist still.

Die kleine Autobahnkapelle St. Raphael macht einen verlorenen Eindruck. „Unheimlich“, sagt ein Radfahrer, der in der Raststätte kurz einen Kaffee trinken will, nun aber vor verschlossenen Türen steht. „Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass wir überhaupt schon mal zu hatten“, sagt eine Angestellte. Leere auch an der Aral-Tankstelle und im Rasthaus gegenüber. Die letzten Burger wurden am Dienstag an Journalisten verkauft.

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