Karneval Waffen: Was Jecken dürfen — und was nicht

Über Aachen, wo ein Gardist sein Gewehr abgeben musste, schüttelt man im Rheinland den Kopf. Aber auch hier schaut die Polizei beim Thema Waffen kritischer hin.

Karneval: Waffen: Was Jecken dürfen — und was nicht
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Düsseldorf. Ein Aachener Fall hat in dieser Woche eine neue Dimension der Sicherheitsdebatte aufs Tapet gebracht: die Bewaffnung im Karneval. Ein Gardist musste da bei einer Polizeikontrolle seine Muskete des Modells Enfield 1860 abgeben — obwohl es eine Holzattrappe war und keinen Schuss abgeben konnte. Der Grund: Das Gewehr sei eine Anscheinswaffe und diese zu tragen verboten. Dem Jecken drohen bis zu 10 000 Euro Bußgeld. Der Fall strahlt bis ins Rheinland, wo man bislang naturgemäß locker mit dem Thema umgegangen ist.

Karneval: Waffen: Was Jecken dürfen — und was nicht
Foto: Ralf Roeger, dpa

„Ich war höchst erstaunt“, sagt Hans-Peter Suchand, Sprecher der Düsseldorfer Prinzengarde Blau-Weiss über den Vorfall in Aachen. Schließlich sei die Waffe doch „Teil der Uniform“. Und noch dazu eine Attrappe. Das sieht in Düsseldorf anders aus: Zwar tragen die Gardisten hier keine Gewehre, sondern nur Degen — aber: „Das sind keine Spielzeuge“, so Suchand, sondern schwere Stahlklingen.

Allerdings, ergänzt Kommandeur Thomas Adam, würden die Spitzen nach der Lieferung abgerundet. Ziehen dürften seine Mitglieder des Aktiven Korps’ den Degen ohnehin nur auf seinen Befehl hin. „Ansonsten ist er im Schaft und bleibt da auch“, stellt Adam klar. „Da darf keiner mal lustig durch die Altstadt laufen und mit dem Degen fuchteln.“ Ein Verstoß hätte mindestens eine sofortige Beurlaubung, vielleicht sogar den Rausschmiss zur Folge — passiert sei das aber noch nie. Deshalb laute das Ergebnis einer Besprechung in der Vorstandsrunde zur Causa Aachen: „Wir machen erst mal weiter wie bisher“, so der Kommandeur.

Ein ähnliches Signal kommt von der Prinzengarde Rot-Weiss der Landeshauptstadt, wo es ebenfalls nie Probleme mit den Degen gab. Sie seien sogar zum Besuch des Karnevals auf den Seychellen mitgereist, erläutert Gardechef Dirk Kemmer — natürlich aufgegeben im Gepäck. Dass aber selbst in der tollen Zeit nicht mehr alles erlaubt ist, musste auch seine Truppe vor einigen Jahren feststellen: Da habe man für die Konfetti-Kanone, welche die Garde seit 88 Jahren besitze und die auch im Rosenmontagszug mitfahre, einen Sprengschein verlangt. „Der Aufwand wäre zu groß“, so Kemmer. Also wurde der Auslöser entfernt, die Kanone schießt seither nicht mehr — nicht mal Konfetti.

„An den Haaren herbeigezogen“, nennt Kemmer hingegen, dass die Karnevalisten in Aachen für ihre abgestumpften Kostümdegen kleine Waffenscheine bereitshalten und alle Degenträger ein polizeiliches Führungszeugnis abgeben müssten — das erklärte Prinzengarde-Kommandant Dirk Trampen in der Aachener Zeitung. Auch Gerd Wirtz von der Kölner Prinzen-Garde hört derlei zum ersten Mal: „Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Garde jemals Probleme gehabt hätte.“ Weder das Fußkorps mit den Holzgewehren — „die sind auf den ersten Blick als Attrappen erkennbar“ — noch die Reiter mit ihren Degen.

Und so sieht es bei allen Vereinen der Domstadt aus, berichtet Sigrid Krebs vom dortigen Festkomitee: „Das spielt in Köln gar keine Rolle. Der Kölner Karneval ist ein anerkanntes Kulturgut.“ Und jedes Kind auf der Straße wisse, dass die Gardegewehre nicht scharf schießen. „Aus dem Lauf kann auch gar kein Schuss kommen, da steckt nämlich ein Blümchen drin“, sagt Krebs mit einem Augenzwinkern.

Mit genau dem scheint man dem Thema bislang im Rheinland begegnet zu sein. Fraglich ist aber, ob das so bleibt. „Wir verbieten keine Kostüme“, sagt zwar Benedikt Kleimann von der Kölner Polizei. Aber: „Wenn wir jemanden mit einer Waffenattrappe sehen, werden auch wir kontrollieren.“ Und im Falle eines Verstoßes gegen das Waffenrecht einschreiten. Auch die Düsseldorfer Polizeisprecherin Susanna Heusgen stärkt den Aachener Beamten den Rücken: „Wir würden ähnlich handeln. Das sind Anscheinswaffen und man sollte damit als Karnevalist mit Bedacht umgehen.“ Zumal in dieser sehr sensiblen Zeit: „Unsere Bitte und unser Rat ist, sie nicht auf der Straße zu tragen.“

Und auch wenn die Düsseldorfer Polizei für Karnevalsdegen keinen kleinen Waffenschein verlange: „Das Führen von Hieb- und Stichwaffen ist verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar“, sagt Heusgen. Ausnahmen für den Zweck der Brauchtumspflege gebe es zwar, dafür sei dann aber eine Genehmigung vonnöten — die etwa Schützenvereine in der Regel hätten.

Das Thema werde in den kommenden Wochen in den Sicherheitsbesprechungen mit den Vereinen der Landeshauptstadt noch eine Rolle spielen. Am besten, so die Polizeisprecherin, wäre es, die Waffen würden verschlossen zur Veranstaltung gebracht und danach wieder eingesammelt — ohne Umweg durch die Altstadtkneipen.

Aber mit Blick auf den Straßenkarneval verspricht sie schon jetzt allen Narren in der Landeshauptstadt: „Wer mit einer pinken Plastikpistole durch die Gegend läuft, der wird keine Probleme bekommen.“

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