Springer will Teile der WAZ-Gruppe kaufen

Berlin/Essen (dpa) - Überraschende Wendung am deutschen Medienmarkt: Die Axel Springer AG will Teile der WAZ-Gruppe kaufen, in der mehr als 27 Tageszeitungen mit mehr als 2,5 Millionen Exemplaren Auflage und zahlreiche Zeitschriften in ganz Europa erscheinen.

Eine Springer-Sprecherin bestätigte am Freitag in Berlin im Wesentlichen einen entsprechenden Bericht des „Manager Magazins“. Die WAZ äußerte sich nicht näher, dementierte die Meldung aber auch nicht. Eine WAZ-Teileignerin lehnte das Springer-Angebot bereits ab. Der Testamentsvollstrecker der anderen WAZ-Gründerfamilie, Peter Heinemann, ließ sich in Anlehnung an einen Bibelspruch zitieren: „Prüfet alles und behaltet das beste.“

Die WAZ-Gruppe ist mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Die Gruppe gehört zu jeweils 50 Prozent den Nachkommen ihrer Gründer: den drei Töchtern von Jakob Funke und den drei Enkelkindern von Erich Brost mit Heinemann als Testamentsvollstrecker. Funke-Tochter Petra Grotkamp hatte den Brost-Erben Ende August das Angebot gemacht, deren Hälfte am Verlag zu übernehmen.

Grotkamp ließ über einen Anwalt erklären, sie weise die Offerte „nachdrücklich zurück“. Grotkamp werde sich nicht an Transaktionen beteiligen, „welche eine Zerschlagung der WAZ-Mediengruppe oder die Veräußerung dieser Gruppe zum Inhalt oder zur Folge haben“. Die gesamt Funke-Gruppe ließ erklären, sie sei derzeit an einem Verkauf auch von Geschäftsanteilen der WAZ-Gruppe nicht interessiert. „Daher ergeben sich keine Verhandlungsmöglichkeiten mit der Axel Springer AG“, erläuterte Sprecher Klaus Schubries.

Springer bewertet die gesamte WAZ-Gruppe laut dem Bericht mit 1,4 Milliarden Euro. Was sich daraus für den Kaufpreis einzelner Unternehmensteile ergebe, sei noch offen. Es sei ein „unverbindliches Angebot“, betonte die Sprecherin. Es stehe unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das Kartellamt und einer wirtschaftlichen Prüfung des Unternehmens.

Das Magazin beruft sich auf ein Schreiben des Springer-Chefs Mathias Döpfner an die WAZ-Eigner und Heinemann. Ein Gebot für die ganze Gruppe schließt Döpfner demnach nicht aus, wobei er auf „große kartellrechtliche Hürden“ hinweist. Die Zeitungen und Zeitschriften der WAZ-Gruppe hätten „auch langfristig...eine attraktive Zukunft“, zitiert das „Manager Magazin“ Döpfner. Die Springer-Aktie reagierte mit einem Kursrutsch auf die Nachrichten und schloss am Abend mit 2,35 Prozent im Minus bei 25,925 Euro.

Bei dem Angebot der Funke-Tochter Grotkamp an die Brost-Erben für deren Hälfte am Verlag lag die Summe laut „Manager Magazin“ bei rund 470 Millionen Euro. Die Größenordnung wurde aus WAZ-Kreisen bestätigt. Mit ihrem Angebot will Grotkamp nach eigenen Angaben klare Gesellschafterstrukturen schaffen. Zuvor hatten sich in jüngerer Zeit Berichte über Unstimmigkeiten zwischen den WAZ-Gesellschaftern gehäuft.

Ein Springer-Vorstoß würde den Plänen der Funke-Tochter aber in die Quere kommen, zumal der genannte Gesamtpreis von 1,4 Milliarden Euro deutlich höher liegt als die kolportierten 470 Millionen Euro für die Hälfte des Verlagshauses.

Die WAZ-Gruppe beschäftigt rund 15 000 Mitarbeiter und hat zuletzt rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz erzielt und schwarze Zahlen geschrieben. Außerhalb Deutschlands ist sie in Österreich, Albanien, Kroatien, Mazedonien, Russland, Serbien und Ungarn aktiv.

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