Spannende Abgründe: „Millennium“-Trilogie im ZDF

München (dpa) - Stieg Larsson ist Kult. Die Bücher seiner „Millennium“-Trilogie rund um den Enthüllungsjournalisten Mikael Blomkvist haben sich rund 50 Millionen Mal verkauft. Und auch die Filme „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ lockten viele Zuschauer ins Kino.

Nun kommen die drei actiongeladenen Streifen mit Michael Nyqvist und Noomi Rapace in den Hauptrollen in einer längeren Fassung ins Fernsehen. Eine schwedisch-deutsche Koproduktion, auf die das ZDF sehr stolz ist. In sechs Teilen zeigt das Zweite ab Sonntag (23. Januar) um 22.00 Uhr, wie gut Krimis jenseits der üblichen Ermittler-Paarungen sein können.

Äußerst spannend, atmosphärisch dicht und intensiv sind vor allem die ersten beiden Teile, die in je 90 Minuten Larssons erstes Buch „Verblendung“ erzählen. Blomkvist wird darin von dem Patriarchen der alten Unternehmerfamilie Vanger engagiert. Er soll klären, was mit dessen Nichte Harriet geschehen ist, die vor fast 40 Jahren spurlos verschwand und wahrscheinlich ermordet wurde. Als Blomkvist mit Hilfe der Hackerin Lisbeth Salander ermittelt, entdeckt er finstere Abgründe in der heillos zerstrittenen Familie.

Die zusätzliche halbe Stunde der Fernsehfassung gegenüber der Kinoversion tut dem Film gut. Figuren können sich besser entfalten, und es bleibt Zeit für Kleinigkeiten, die zur dichten Atmosphäre beitragen. Trotzdem gibt es immer noch Dinge, die eingefleischte Fans vermissen dürften - wie etwa die Unmengen an belegten Broten und Kaffee, die Blomkvist im Buch verdrückt und die sein Leinwand-Alter-Ego wesentlich seltener genießen darf.

Getragen werden die „Millennium“-Filme von den Hauptdarstellern. Nyqvist zeigt Blomkvist als Getriebenen mit feinem Gespür für Unrecht und unlautere Machenschaften. Er lässt nicht locker, wenn er brisante Dinge aufdecken will. Nur Erika, Chefredakteurin der Zeitschrift „Millennium“ und seine Geliebte, kann ihn aus dem Grübeln herausholen. Rapace spielt Lisbeth als zutiefst verletzte junge Frau, die sich einen dicken Panzer aus Lederklamotten und Gleichgültigkeit zugelegt hat. Durch ihre hervorragenden Computerkenntnisse wird sie zur Gefahr - vor allem für die Menschen, die ihr Böses wollen und mit denen sie nach und nach abrechnen will.

Die Qualität der Schauspieler tröstet darüber hinweg, dass die Geschichte bisweilen etwas ins Pathetische abgleitet. Oder sich in politischen Verschwörungstheorien verliert wie etwa in „Vergebung“, dem Abschluss der Trilogie, in dem Blomkvist einem Großkriminellen auf der Spur ist und auch dem Geheimdienst in die Quere kommt. Immer verrückter werden die Verstrickungen, in die er und Lisbeth geraten.

Auch Hollywood fand Gefallen an dem Stoff und verpflichtete Daniel Craig und Rooney Mara für die Neuverfilmung, die im Winter 2011 ins Kino kommen soll. Auf jeden Fall kann Craig seine Erfahrungen als James Bond einbringen - gibt es doch ausreichend Potenzial für Action-Szenen. Doch ob er und Mara dem Bösen mit derselben Lässigkeit und intellektuellen Überlegenheit begegnen wie Nyqvist und Rapace, bleibt abzuwarten.

Was das Erfolgsgeheimnis des 2004 gestorbenen Larsson bei seinem Debütroman war, kann man nur vermuten. Einblicke in sein Leben gibt das ZDF am Sonntagabend um 23.30 Uhr in der Dokumentation: „Stieg Larsson - Der Mann, der aus der Kälte kam“. Auf jeden Fall wusste Larsson, worüber er schreibt - soll er doch selber als investigativer Journalist, der als ausgewiesener Kenner der rechtsextremen Szene galt, bei seinen Recherchen nicht zimperlich gewesen sein.

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