Serdar Somuncu: Lernen, produktiv mit der Angst umzugehen

Serdar Somuncu ist ein Allrounder. Im Gespräch erzählt er von seinem neuen Buch und seiner Leidenschaft fürs Theater und Tennis.

Fühlt sich auf der Bühne und auf dem Tennisplatz besonders wohl: Serdar Somuncu.

Fühlt sich auf der Bühne und auf dem Tennisplatz besonders wohl: Serdar Somuncu.

Foto: Karlheinz Schindler

Düsseldorf. Ob bei der Heute-Show, auf der Theaterbühne oder in eigenen Sendungen bei N-tv oder im Radio: Serdar Somuncu steht gerne in der Öffentlichkeit. Mit seinem neuen Buch „Matchpointe“ zeigt er eine andere, weniger bekannte Seite von sich: die des Tennisspielers. Und schlägt dabei doch die Brücke zu seinem Beruf als Schauspieler.

Herr Somuncu, was hat Tennis mit Theater zu tun?

Serdar Somuncu: Sehr viel. Bei beidem geht es darum, eine Leistung vor Zuschauern abzurufen — professionelle Tennisspieler spielen ja auch vor Publikum. Außerdem ist ein Tennismatch in mehrere Akte unterteilt — so wie im Theater in Exposition, Durchführung und Reprise — und es geht bei beidem darum, unter Druck zu bestehen. Schauspieler und Sportler können da viel voneinander lernen.

Was ist das?

Somuncu: Mit Aufregung umzugehen, zum Beispiel, wie man sie produktiv umsetzt, so dass sie einen nicht behindert. Das konnte ich schon durch meine Schauspielerfahrung und das hat mir beim Tennis viel gebracht. Ich glaube, für Leute, die diese Erfahrung nicht haben, ist das ein Mehrwert.

Ist denn diese Aufregung ein Thema für Sie?

Somuncu: Auf der Bühne nicht mehr. Das war nur ganz am Anfang so. Durch lange Erfahrung erkennt man natürlich irgendwann, dass eigentlich nichts Schlimmes passieren kann. Komischerweise hatte ich die Aufregung beim Sport aber doch wieder. Das ist auch die Frage, die ich im Buch stelle: Warum fallen einem manche Dinge extrem schwer, wenn man sie unter Beobachtung machen muss. Ich habe festgestellt, dass ich beim Tennis wieder bei Null anfangen musste und da hat es geholfen, auf das zurückzugreifen, was ich im Theater erlebt hab.

Wann hatten Sie denn zuletzt mal Angst?

Somuncu: Es gibt ja unterschiedliche Formen von Angst — Prüfungsangst, Lampenfieber, Versagensangst — meistens ist es bei mir aber so, dass ich in einer Prüfung durch Druck besser werde. Das ist auch beim Tennis so, dass ich besser spiele, wenn Leute zugucken.

Weil Sie das anspornt?

Somuncu: Ja, weil das offensichtlich eine Konditionierung zu sein scheint. Sobald Zuschauer da sind, scheine ich mich in eine Theatersituation zu versetzen, und dann gehen andere Mechanismen ab, als ohne Zuschauer.

Also sind Sie dann auf dem Tennisplatz auch Schauspieler?

Somuncu: Wahrscheinlich ja. Es hat ja auch was von einer Bühne, wie man auf dem Platz umzingelt ist von Zuschauerrängen.

Ihr Buch hat viel von einem Ratgeber für konkrete Situationen. Für wen ist es gedacht?

Somuncu: Es ist vor allem eine Ergänzung für Hobbysportler. Es geht nicht darum, dass man Leuten erklärt, wie man Tennis spielt. Es geht um eine bestimmte Fragestellung, und die beleuchte ich aus unterschiedlichen Richtungen. Tatsächlich fängt es bei der Psyche an und der Frage danach, wie Angst entsteht und wie man sie umsetzt — produktiv oder destruktiv.

Es sind aber auch praktische Tipps dabei.

Somuncu: Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit war, dass man so eine Mischung aus Psychologie- und Sportratgeber vor sich hat. Das war mir sehr wichtig, dass man auch Übungen und Anleitungen gibt — etwa für Hobbytennisspieler — wie man sich weiter entwickeln kann. Die Übungen habe ich selbst gemacht und weiß, dass sie helfen. Als ich das Buch geschrieben habe, bin ich auch selber besser geworden — ich habe mir also auch selbst einen Rat gegeben.

Was können Menschen, die weder Tennis spielen noch schauspielen aus dem Buch mitnehmen?

Somuncu: Es geht auch um die Frage danach, was Angst ist und was Leistungsdruck in unserer Gesellschaft bedeutet. Welchen Mechanismen wir uns aussetzen, ohne dass es nötig wäre. Von einer bestimmten Haltung, die man schon als Kind von seinen Eltern vermittelt bekommt bis zum Erwachsensein.

Wer Sie aus Fernsehen und Hörfunk kennt, bringt Sie nicht unbedingt mit solch einem Thema in Verbindung. Wollten Sie mal etwas Anderes machen?

Somuncu: So ein Buch wollte ich schon seit einer ganzen Weile schreiben. Dazu war jetzt der richtige Zeitpunkt. Und was viele nicht wissen: So weit weg von mir ist das eigentlich nicht. In der Öffentlichkeit ist das vielleicht weniger sichtbar, für mich aber immer präsent.

Zur Bundestagswahl im September treten Sie mit der PARTEI als Kanzlerkandidat an. Was kann man von Ihnen in diesem Amt erwarten?

Somuncu: Tja, gute Frage. Zumindest das, was man nicht erwartet. Ich denke, wenn es überhaupt klappt — das ist ja ein bisschen unwahrscheinlich — werden einige Dinge passieren, die eher unkonventionell sind. Aber das Ganze ist ja auch eine Satire-Geschichte. Martin Sonneborn und ich machen das mit dem ganz klaren Anspruch, die Wahl nicht zu gewinnen.

Was passiert, wenn Sie doch einziehen?

Somuncu: (lacht) Das twittere ich Ihnen dann.

Aber wie gehen Sie den Wahlkampf an?

Somuncu: Sehr gelassen. Wir wissen, dass wir keine Chance haben.

Auf Europa-Ebene hat es aber ja geklappt.

Somuncu: Wir werden sehen. Überraschungserfolge sind nicht ausgeschlossen.

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