#ichhabpolizei Jan Böhmermann: Nach Jubelchören, jetzt Mannheim-Verbot

Düsseldorf. Jan Böhmermann landete mit seiner deutschen Gansterrap-Parodie "Ich hab Polizei" auf YouTube einen Hit. Über vier Millionen Mal wurde das Video (Veröffentlichung am 26.11.2015) angeklickt.

#ichhabpolizei: Jan Böhmermann: Nach Jubelchören, jetzt Mannheim-Verbot
Foto: Screenshot/Youtube

Auf Twitter lag der Hashtag #ichhabpolizei im Trendbarometer ganz oben und die Jugendseite "Jetzt" der Süddeutschen Zeitung schlug - wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeint - den Song als Beitrag für den geschassten Xavier Naidoo beim ESC 2016 vor.

Doch wer wäre Jan Böhmermann, wenn er nicht auch polarisieren würde. Nach den Jubelchören kommen nun die Beleidigten und Kritiker zu Wort. Der Vorwurf: Böhmermann macht sich mit seinem Video über die Unterschicht und Migranten lustig.

Drastisch ist die Haltung des Mannheimer Ganster-Rapper "Toni der Assi". Der fand das Video gar nicht lustig und erteilte Böhmermann kurzerhand Mannheim-Verbot.

Der 37-Jährige, der von Volker Beck (Grüne) wegen Volksverhetzung angezeigt wurde, wegen seines Liedetextes in dem Song Staatsfeind, schreibt auf seiner Facebook-Seite: "Bei dieser ganzen Böhmermann Geschichte geht es doch letztendlich darum, dass dort jemand versucht sich über unsere Kultur lustig zu machen. Viele Medien, gerade aus dem HipHop Bereich sehen das auch so."

In der Tat schreibt der Hip-Hop- Fachjournalist Marcus Staiger auf der Webseite des Musikmagazins Noiys: "Lieber Jan Böhmermann, so sieht es also aus, wenn sich Deutschlands „intelligentester Satiriker“ (stern) über die Unterschicht und Gangstarap lustig macht." Weiter schreibt er: " Ihr verarscht Leute, weil sie weniger Bildung haben, weil sie weniger Geld besitzen und weil sie gesellschaftlich unter euch stehen. Das ist schon ganz cool"

Staiger hat nach dem Abitur und einem abgebrochenen Studium diverse Jobs gemacht, bevor er sich in der Hip-Hop-Szene als Veranstalter, Labelgründer und Fachjournalist einen Namen machte. Er engagiert sich auch politisch und setzt sich unter anderem für Flüchtlinge ein.

Das Hip-Hop-Magazin Splash unterstellt Böhmermann, er habe Straßenrap nicht verstanden. "... jener ironischer Umgang mit etwas, das nicht verstanden wird, ist ein Ausdruck bildungsbürgerlicher Arroganz par excellance", heißt es dort., "Die Lebenssituation und -realität von sozial und wirtschaftlich schlechter gestellten Menschen wird ins Lächerliche gezogen, indem ihre Ausdrucksform annektiert und mit einem breiten Grinsen am Ende des Satzes versehen wird"

Straßenrap ist längst im Mainstream angekommen. Der Status, Musik einer benachteiligten Randgruppe zu sein, hat dieses Genre schon lange nicht mehr. Jan Böhmermann führt den Kritiker in der Hip-Hop-Szene dies mit seiner Satire respektlos vor Augen. Respektlos wird es auch deshalb, weil seine musikalische Darbietung gar nicht so schlecht ist und er einigen Lob dafür erhält. Das tut weh.

Eines macht die Debatte um Böhmermann und seinem Song deutlich. Wieder mal werden Positionen mit großer Empfindlichkeit verteidigt und Angriffe von außen mit emotionalen Eifer vehement abgewehrt. Es scheint ein Phänomen unserer Zeit zu sein.

Ein etwas gelasseneren Umgang in solchen Debatten täte allen gut. Das Hip-Hop- Magazin Juice macht es vor. Es hat richtig erkannt, dass Jan Böhmermann Satire macht. Die darf man gut finden oder schlecht. In jedem Fall sollte aber eine Satire nicht zu Ernst genommen werden.

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