Grande Dame der Eurovision tritt nochmal an

Zürich (dpa) - Altwerden ist nichts für Feiglinge. Das hat uns der Schauspieler Joachim Fuchsberger glaubhaft berichtet. Aber dass eine Seniorin so viel Mut aufbringt wie Lys Assia, überrascht doch viele.

Unbedingt will die Sängerin noch einmal nach ganz oben, will im kommenden Jahr in Aserbaidschan wiederholen, was ihr 1956 bei der ersten Ausgabe des Grand Prix Eurovision de la Chanson so eindrucksvoll gelang.

Damals siegte die charmante Schweizerin im Teatro-Kursaal von Lugano mit dem Chanson „Refrain“ - und schlug unter anderem Freddy Quinn. Im Mai 2012 will Assia als älteste Sängerin in der Geschichte des Wettbewerbs den Eurovision Song Contest (ESC) in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku gewinnen. Dann ist die gebürtige Rosa Mina Schärer 88 Jahre alt. In ihrer Heimat wird sie dafür weithin bewundert. Viele drücken ihr die Daumen für die Schweizer ESC-Qualifikationsendrunde am Samstag in Kreuzlingen am Bodensee.

Die Sympathie-Bekundungen vor dem eidgenössischen Finale mit 14 Teilnehmern, die ihre Enkel - wenn nicht Urenkel - sein könnten, haben Assias Selbstvertrauen gestärkt. Doch die Sängerin und Schauspielerin bleibt bescheiden: „Nur schon am 10. Dezember dabei sein zu können und wieder mal ein bisschen Eurovisions-Luft zu spüren, empfinde ich als wunderschön“, sagte die heute 87-Jährige dem Schweizer Fernsehen SF.

Ihrem Wettbewerbssong mit dem etwas wehmütig anmutenden, aber in gewisser Weise auch passenden Titel „C'etait ma vie“ (Das war mein Leben) werden durchaus Chancen eingeräumt. Nicht allein, weil er von keinem geringeren als dem deutschen „Mister Grand Prix“ Ralph Siegel geschrieben wurde - es ist eine gelungene Mischung von Chanson und Popsong.

Wohl auch weil Assia, die in Deutschland schon 1950 mit dem Operetten-Hit „O mein Papa“ Furore machte, aus dem eingängigen Lied genau das macht, was sie so wunderbar kann und liebt: Als Künstlerin allein auf der Bühne zu stehen, das Licht nur auf sie gerichtet, während sie ihr Chanson vorträgt, ganz ohne pompöse Showeinlagen. „Deshalb hat mich der Sieg von Lena für Deutschland auch so gefreut. Sie hat zwar kein Chanson gesungen, aber stand allein auf der Bühne. Es ging nur um ihr Lied.“

Das ist freilich angesichts der bombastischen Showeinlagen, die manche ESC-Nationen präsentieren, nicht mehr unbedingt ausschlaggebend. Und selbst wenn Assia die Schweizer Ausscheidung gewinnen sollte, wäre das nur ein erster Schritt. Denn die Schweiz muss sich erst - wie die meisten anderen Teilnehmerländer - über eines der beiden internationalen Halbfinals (22./24. Mai) für das große ESC-Finale am 26. Mai qualifizieren. Doch Siegel ist zuversichtlich: „Ich bin felsenfest überzeugt, dass sie es ins Finale und dort unter die ersten drei schaffen würde.“ Dem immer noch großen Können, der erstaunlichen Kraft und Energie der „Grande Dame der Eurovision“ gebührten einfach Respekt, meint er.

Doch in die allgemeine Bewunderung mischt sich auch Unverständnis. In Schweizer Medien wurde darauf verwiesen, dass sich Assia im März einer Herzoperation unterziehen musste. Ihre ESC-Kandidatur liege angesichts dessen vielleicht irgendwo zwischen „Wagemut und Wahnsinn“, hieß es.

Assia bleibt aber cool. Sie will halt noch einmal vor ganz Europa im Rampenlicht stehen. „Da geh' ich jetzt durch.“ Im übrigen findet sie, dass es für den ESC eine Altersbegrenzung geben sollte. Aber nach unten. Teilnehmer sollten mindestens 18 sein, regte sie an. Dann dürfte zum Beispiel die Schweizer Mädchenband Atomic Angels noch gar nicht antreten. Die drei „Atomengel“ sind hübsch anzusehen, aber erst 16.

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