Gottschalk sagt bei „Wetten, dass..?“ leise Servus

Friedrichshafen (dpa) - Thomas Gottschalk wollte einen Abschied ohne Tränen und große Reden. Es ist ihm nur zum Teil gelungen. Bei seinem letzten Auftritt im ZDF-Klassiker „Wetten, dass..?“ zeigt er Gefühle und Größe - und bringt seine Fans zum Weinen.

Am Samstagabend, zur besten Sendezeit, sagt er leise Servus. Europas größte Fernsehunterhaltungssendung, die mit Gottschalks Abschied live aus Friedrichshafen am Bodensee kam, muss nun ohne ihn zurechtkommen. „Es war eine tolle Zeit“, ruft Gottschalk ins Publikum, bevor er die Showbühne verlässt.

„Ich hatte ja fast ein Vierteljahrhundert Zeit, mich darauf vorzubereiten. Aber es war doch schwerer, als ich es mir vorgestellt habe“, gesteht der 61-Jährige der Nachrichtenagentur dpa noch in der Partynacht. Die ZDF-Unterhaltungsshow, seit mehr als 30 Jahren das Flaggschiff der deutschen Samstagabend-Unterhaltung, ist ihm ans Herz gewachsen. „Auf diesem Sofa habe ich den besten Teil meines Lebens verbracht“, sagt er mit Blick auf die Wettcouch, auf der er 151 Sendungen lang Gäste befragt und Wetten angekündigt hat.

Doch Pathos wollte der Franke mit der blonden Lockenpracht bei seiner letzten großen Show im ZDF vermeiden. Er wollte keine rauschende Abschiedsgala, sondern eigentlich eine ganz gewöhnliche Wetten-Sendung ohne Pauken und Trompeten. Immer wieder zeigten häppchenweise eingespielte Rückblenden, wie Gottschalk das deutsche Fernsehen geprägt hat. Das Konzept ging auf: 14,73 Millionen Zuschauer schalteten zur letzten Sendung ein - eine Top-Einschaltquote für die ZDF-Show, fast zehn Millionen mehr als Dieter Bohlens „Supertalent“-Suche auf RTL.

Gottschalks Abschied in seinem 25. „Wetten, dass..?“-Jahr war zwar immer mal wieder Thema in der mehr als drei Stunden dauernden Sendung, er überdeckte aber nicht alles. Lobesreden oder ein allzu feierlicher Blick zurück hatte Gottschalk verboten. Die Gäste wie Modeschöpfer Karl Lagerfeld oder die Schauspieler Iris Berben und Til Schweiger hielten sich daran. Auch die anderen: Gottschalks Freund Günther Jauch, Hollywoodstar Jessica Biel, Basketball-Star Dirk Nowitzki sowie die Musiker Lenny Kravitz und Meat Loaf.

„Ich habe es für Sie gemacht“, sagt er nach drei Stunden Show zum Publikum. „Und ich habe es gern gemacht.“ Ehrliche Worte statt Inszenierung, so die Botschaft. Die Sendung werde weitergehen, auch ohne ihn. „Wir alle sind nur Spuren im Sand. Es läuft Wasser drüber und es kommen andere Spuren.“ Kein Drama, meint er. „Es kommen andere und mit denen wird das Publikum auch Spaß haben.“ Er selbst werde mit Vergnügen zu sehen, wenn im ZDF weiter gewettet werde.

Hunziker, seit zwei Jahren bei „Wetten, dass..?“ an Gottschalks Seite, sah es weniger pragmatisch als Gottschalk. „Es war ein sehr emotionaler Moment“, sagt die 34-Jährige nach der Show. „Wir werden ihn alle fürchterlich vermissen.“ Als Gottschalk sich von den Mitarbeitern verabschiedet, kommt Wehmut auf. „Es ist uns allen ganz eng ums Herz geworden“, gesteht ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner, ein langjähriger Weggefährte des Entertainers.

Gottschalk wechselt nun zur ARD. Dort wird er vom 23. Januar an die Vorabendshow „Gottschalk live“ moderieren. Wer sein Nachfolger bei „Wetten, dass..?“ wird, bleibt auch nach Gottschalks Abschied unbekannt. „Ich hoffe auch für Thomas, dass es mit dieser Show gut weitergeht“, sagt Iris Berben. „Er hat die Sendung zu dem gemacht, was sie heute ist. Wäre schade, wenn es vorbei wäre.“

Gottschalk verlässt die Halle. Das Feuerwerk mit der Schrift „Danke, Thomas“ brennt noch. Im Saal sitzen seine Fans. „Ich habe schon die ein oder andere Träne verdrückt“, sagt die ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein. Sie sitzt in der ersten Reihe und verfolgt Gottschalks Abschied. „Ich bin mit diesem Moderator groß geworden. Es gibt so viele schöne Erinnerungen.“

Andrea Kiewel, Gastgeberin im ZDF-„Fernsehgarten“ sieht es ähnlich. „Es war die einzige Sendung im Westfernsehen, die ich sehen durfte“, sagt die Berlinerin mit DDR-Biographie. „Es ist schwer, sich diese Show ohne Gottschalk vorzustellen.“

Auch Wolfgang Lippert, der „Wetten, dass..?“ 1992 und 1993 neun Folgen lang moderiert hat, findet es schade. „Das ist ein trauriger Tag“, sagt er. „Thomas hätte bleiben sollen.“ Lippert kennt die Situation. „Es ist schwer, sich von dieser Sendung zu verabschieden, weil sie für uns alle in Deutschland wie eine kleine Familie ist.“

Gottschalks Abschiedsshow kommt fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch auf den Bildschirm. Koch, der am 4. Dezember vergangenen Jahres in Sendung 192 stürzte und seither gelähmt ist, ist kein Thema in der Show. Sein Schicksal war der Grund dafür, dass Gottschalk seinen Rücktritt erklärt hat.

Mit dem gelähmten Samuel Koch habe er nach wie vor Kontakt, hatte Gottschalk vor der Sendung gesagt. „Aber es ist schwierig, weil es auch immer wieder ein Erinnern an diesen schrecklichen Unfall ist.“ Ihn zum Thema zu machen bei der Abschiedsshow mit brennendem Feuerwerk im Fernsehen - das hielt Gottschalk für unangemessen.

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