Frischer Schwung beim TV-Duell? Raab spaltet die Nation

Berlin (dpa) - Immerhin traute er sich an Angela Merkel mit der Frage nach dem Wahl-O-Mat ran, immerhin traute er sich, die Kanzlerin zu unterbrechen, allerdings ohne Erfolg.

Stefan Raab (46), Novize im Moderatoren-Quartett des TV-Duells am Sonntagabend, brachte etwas Leben in die Bude, wenngleich der ProSieben-Entertainer die starren Regeln der Redeschlacht auch nicht sprengen konnte. Die Meinungen über den Paradiesvogel, der für ProSieben „TV Total“ und „Schlag den Raab“ moderiert und Lena zur Siegerin beim Eurovision Song Contest machte, gingen am Tag nach dem Duell auseinander.

„In den ersten zwei Dritteln des Duells musste sich Stefan Raab unterordnen“, analysierte der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Im letzten Drittel fand er mehr zu sich selbst und verlieh dem Duell einen der wenigen Höhepunkte. Ob er damit aber schon der Gewinner ist, weiß ich nicht.“ Der etablierte Politjournalismus müsse sich aber fragen, ob er nicht überschätzt werde und andere den Job machen könnten. „Denn dann könnten gleich anerkannte Show-Kollegen wie Frank Elstner oder Markus Lanz den Job erledigen.“

Die Meinungen über den Paradiesvogel Raab waren jedoch uneinheitlich. „Er war DIE Überraschung des TV-Duells!“, urteilte zum Beispiel „Bild.de“. „Stefan Raab, als Polit-Talker oder gar arrivierter Nachrichtenmann bisher wirklich nicht Erscheinung getreten, quälte und nervte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren SPD-Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) mit erfrischend respektlosen Fragen. Er hakte nach und ließ sich nicht mit Floskeln abspeisen.“ Raab habe seine drei Co-Moderatoren Anne Will (ARD) Maybrit Illner (ZDF) und Peter Klöppel (RTL) mühelos in den Schatten gestellt.

„Mit Anne Will bildete Raab das präsentere Moderatorenduo“, kommentierte die „Süddeutsche.de“. „Beide hakten öfter nach als Kloeppel und Illner; sie stellten klar formulierte Fragen. Dem alten Rat von Rhetorik-Coaches, in einfachen Sätzen zu reden, folgte Raab noch am ehesten - die Hand lässig in der Hosentasche, als hätte er zu viele Musikvideos von Pharrell Williams gesehen.“ Zwar sei es nett, wenn Journalisten mit frechen Fragen glänzten, meinte „Spiegel Online“. „Und streckenweise sogar lustig, Stefan Raab in einer ungewohnten Rolle zu sehen. Doch ein TV-Duell soll nicht nett und lustig sein. Es kann für die Zuschauer nur einen einzigen Zweck haben: Es soll ihnen helfen, sich zu entscheiden, wen sie wählen wollen.“

„Das Format konnte er aber selbstverständlich ebensowenig prägen wie sprengen“, ananalysierte der Medienwissenschaftler und frühere Leiter des Grimme-Instituts, Bernd Gäbler gleich nach der Sendung. „Auch ihm gelang es nicht, den Disputierenden auch nur eine einzige überraschende Antwort zu entlocken. Der Super-Polit-Journalist der Zukunft ist er sicher nicht.“ Raabs Kollegen Will, Illner und Kloeppel ging es jedoch auch nicht besser. „Das absurde Missverhältnis von 4 Fragenden zu 2 Antwortenden wurde im diesjährigen TV-Duell besonders deutlich“, so Gäbler.

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