Down Under im Eurovisionsfieber

Adelaide (dpa) - Um 5.00 Uhr morgens steigt bei den eingefleischten Eurovision-Song-Contest-Fans Deb Shaw und Amy die große Party. Die beiden werden wie jedes Jahr live dabei sein, wenn wieder Dutzende Male „Douze points“ - zwölf Punkte - vergeben werden.

Down Under im Eurovisionsfieber
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Der frühe Start ist nötig, weil die beiden das Spektakel am anderen Ende der Welt verfolgen. Die Filmemacherin und die Übersetzerin gehören zu Millionen ESC-Fans in Australien. Dieses Jahr wird es für sie besonders spannend. Down Under tritt beim europäischen Grand Prix an.

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Das Übertriebene am ESC mache den Reiz aus, sagt Deb. „Windmaschinen und trommelnde Omas — da macht Zugucken doch richtig Spaß“, sagt sie. „Wir lieben den Wettbewerb nicht nur, weil er ein guter Grund ist, eine Party zu schmeißen. Wir kochen mit unseren Freunden Nationalgerichte des Gastgeberlandes und verkleiden uns entsprechend. Je ausgefallener und verrückter der Auftritt, desto besser.“

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Die Bühne ist dieses Jahr in Wien, also planen Deb und Amy Retro-Kleider im österreichischen Stil. Die beiden sind in Adelaide noch auf der Suche. Das Menü? „Vielleicht servieren wir in der Frühe lieber Sachertorte als Wiener Schnitzel“, sagt Deb. Natürlich liegt dieses Mal auch das Telefon bereit, um an der Abstimmung teilzunehmen. Deb hat jede CD des Wettbewerbs, mit ihren Freunden hat sie sogar ein eigenes Bewertungssystem erfunden.

Das Spektakel findet zwar am anderen Ende der Welt statt, aber die Einschaltquoten sind dennoch gut. 2014 schauten 2,7 Millionen Australier zu. Das ist ein Spitzenwert, gibt es doch nur gut 22 Millionen Menschen in dem Land. Und weil dieses Jahr Australien ausnahmsweise antreten darf und die „Aussies“ mitwählen dürfen, erwartet der öffentlich-rechtliche Sender SBS Rekord-Einschaltquoten. Partys wie bei Deb in Adelaide sind im ganzen Land geplant. Manche Kinos zeigen die Schau sogar auf großen Leinwänden.

SBS überträgt die Show seit mehr als 30 Jahren. „Wir sind begeistert, dass sich diese Möglichkeit bietet und dass unser Land zum 60. Geburtstag des Eurovision auf der größten Musikbühne der Welt präsent ist“, sagt SBS-Manager Michael Ebeid der Nachrichtenagentur dpa.

Einen Hauch Australien brachte 2006 schon mal die Sängerin Jane Comerford in den ESC. Die Australierin trat mit der Country-Band „Texas Lightning“ für Deutschland an. Ganz offiziell vertritt jetzt Guy Sebastian (33) die australische Fahne. Die Veranstalter belohnen den Fünften Kontinent damit für die jahrzehntelange Fantreue.

Sebastian begeisterte als Kind in einem Kirchenchor in Adelaide mit seiner Stimme. 2003 gewann er die australische Version der Talentschau, die hierzulande „Deutschland sucht den Superstar“ heißt. Inzwischen beherrscht er mit seiner Schmuse-Stimme die australischen Charts. Der gebürtige Malaysier zählt beim ESC gar zu den Favoriten.

Er sei schon lange Riesenfan, sagt Sebastian im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Ich habe schon als Kind zugeschaut. Es ist so wunderbar abwechslungsreich, von Hardrock bis zu russischen Baubschkas. Man weiß nie, was kommt, und in diesem Jahr kommt sogar ein Australier wie Kai aus der Kiste. Toller geht's doch nicht, oder?“

Die australische ESC-Expertin Julia Zemiro, die die SBS-Live-Sendung aus Wien moderiert, erklärt sich die Faszination für den Eurovision vor allem durch die Exzentrik: „Mein Co-Moderator Sam Pang und ich sind im Laufe der Jahre Zeugen von beeindruckenden Eurovision-Auftritten geworden: Von Conchitas perfekt gestyltem Bart bis hin zu russischen Omas. Mit einem australischen Teilnehmer wird der diesjährige ESC ein monumentales Ereignis für uns.“

Auch Andrew Fielder fiebert dem Finale entgegen. Der Computertechniker mag auch vor allem das Schrille und Schräge: „Die polnischen Milchmädchen fand ich letztes Jahr am besten. Es mag sein, dass vor allem mit länderspezifischen Klischees gespielt wird, aber gerade das macht den Reiz aus. Eurovision ist kulturelle Vielfalt. Und die gibt es ja auch in Australien. Da ist es doch kein Wunder, dass wir in Down Under alle einschalten.“

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