Buchveröffentlichung Dorothee Achenbach rechnet mit ihrem Helge ab

Die Ehefrau des inhaftierten ehemaligen Kunstberaters schreibt ihre Memoiren über ein Jahr, in dem nicht nur sie ins Bodenlose fiel.

Düsseldorf. Eineinhalb Jahre nach der Verhaftung des prominenten Kunstberaters Helge Achenbach (63) packt dessen Ehefrau Dorothee (52) aus. Sie tut es charmant, mit leichtem Humor, aber mit bitterbösem Unterton. „Meine Wäsche kennt jetzt jeder“ nennt sie ihr Buch, in dem es immer auch um Schmutzwäsche geht. Sie rechnet ab, mit den Medien, der Aldi-Witwe, dem Kunstmarkt und ihrem Mann, dem Netzwerker.

Sie ist dünn geworden, Kleidergröße 34. Das hautenge Designer-Kleid stammt noch aus besseren Zeiten. 19 Jahre ist es her, seit sie den Helge geheiratet hat und ihm zu den sechs Kindern aus drei früheren Ehen zwei weitere Kinder beschert hat. Das Buch fängt etwas langatmig an. Der Galgenhumor kommt erst langsam in Gang, wenn sie von den Mettbrötchen und dem Kulturbeutel in der gelben Damenhandtasche schreibt, die er mit in die U-Haft nimmt, damit er nicht hungern muss und schön frisch aussieht.

Die Aldi-Witwe ist für Dorothee kurz und bündig die Witwe, die ihr süßes Hündchen entweder in der Hermès-Tasche oder im Wägelchen durch den Weihnachtstrubel schiebt. Bernhard Krämer ist im Buch ihr Mann, freundlich, weißhaarig und in sich ruhend in der U-Haft, ein Typ fern der Realität. Währenddessen sucht sie im Supermarkt nach preiswerten Produkten ganz unten im Regal, verhökert die Designer-Klamotten und die Bücher. Aber dann kommt Dorothee in der Mitte des Buchs zur Sache.

Da berichtet sie nicht nur über den Absturz aus dem Jetset in den Existenzkampf, sondern reflektiert den Kunstmarkt. Sie gibt einen erschreckenden Zustandsbericht über eine Welt, die ihr Mann kräftig mit befeuert hat. Und in der auch sie sich bewegt hat. Es gehe längst nicht mehr nur um die ästhetische, kunsthistorische, gesellschaftliche oder politische Relevanz von Kunst, es gehe um „die gnadenlose Kapitalisierung des Marktes“. Die Witwe ist für sie der Prototyp von Menschen, die mit dem Erwerb von Kunst den Eintritt in eine besonders erscheinende, prestigeträchtige Welt suchen.

Sie mutmaßt: „Vielleicht möchten sie einem Dasein, in dem man alles für Geld kaufen kann, auch einen tieferen Sinn verleihen. Und das alles am liebsten mit Wertsteigerungsgarantie.“ Werke seien beliebig, der Name des Künstlers müsse bekannt genug sein und die Farbe zum Sofa passen.

Das Schlimme aber sei, dass ihr Mann auf dem Kunstmarkt seine Moral verloren habe. Er sei der Charmeur und letztlich der Macher gewesen. Sie habe nicht für möglich gehalten, dass er seinen Freund betrügen konnte. Helge ist nach ihren Worten „ein Mann mit zwei Gesichtern.“ Sie beginne, den Glauben an eine Zukunft mit ihm zu verlieren.

Aber sie laufe nicht weg, sagt sie im Gespräch. Sie falle in ein tiefes Loch, aber sie halte zu ihm. Derzeit sucht sie nach einem Job und einer kleinen Wohnung.

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