„Alatriste“: Spaniens Goldenes Zeitalter als Arte-Serie

Budapest (dpa) - Schwerter klirren, Mäntel der Geschichte wehen, schöne Spanierinnen zeigen Haut. Das Leben zur Zeit der Inquisition ist hart. Mittendrin kämpft der edle Krieger Alatriste, den Arte in seiner gleichnamigen Historienserie präsentiert.

Die Produktion läuft nächstes Jahr im TV.

Die Techniker im Studio schützen Mund und Nase mit Masken vor dem aufwirbelnden Staub. Die fechtenden Helden vor der Kamera müssen da ohne Filter für die Lungen durch. Denn sie bewegen sich im Spanien des 17. Jahrhunderts. Selbst für edle Krieger wie Alatriste gibt es hier kein Arbeitsschutzgesetz. Umso selbstloser lehrt der Waffenheld nun im ungarischen Korda-Studio die Banditen von Madrid mit seinem Schwert das Fürchten. Zu sehen sein wird das später auf dem Kultursender Arte. „Alatriste“ ist der Titel des Mehrteilers.

Erholen darf der schöne Spanier Alatriste (Aitor Luna) sich nachher bei einer seiner zwei feurigen Geliebten, zwischen denen er sich nicht entscheiden will. „Alles hier ist echt, wir sind im Spanien des Goldenen Zeitalters“, schwärmt José Manuel Lorenzo, der spanische Koproduzent und Initiator der 15-teiligen Mantel-und-Degen-Serie, die in der zweiten Jahreshälfte 2014 im Kulturkanal laufen soll. Koproduzent ist die deutsche Beta Film („Borgia“, „Gomorrah“) des vielfach preisgekrönten TV-Unternehmers Jan Mojto.

Ein uriges Wirtshaus, ein Theater, Gärten, opulente Interieurs, ja sogar Straßen und Plätze von Madrid wurden hier in den Hügeln bei Budapest nachgebaut. Der Drehort dürfte Branchenkennern zufolge um etwa ein Drittel billiger sein als Vergleichbares in Westeuropa. „Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr gut, die Produktionsqualität hoch, die Partner verlässlich“, sagt dazu Peter Lohner von der Beta Film. Die Produktionskosten wurden auf 15 Millionen Euro veranschlagt.

Freilich werde das eine oder andere Landschaftsdetail digital hinzugetrickst, räumt Lorenzo ein. Doch ansonsten herrsche ein Anspruch auf größtmöglichste Authentizität. Dies hat auch dem deutschen Nachwuchs-Talent Constantin von Jascheroff einiges abverlangt. Er spielt hier die Rolle eines jungen Prinzen von Wales.

Jascheroff musste für die Rolle nicht nur Spanisch lernen, sondern vor allem üben, mehr als drei Kilo schwere Schwerter zu wuchten - fast wie im richtigen Leben in der Welt der Inquisition und Hexenverbrennungen. Über diese sportlichen Ansprüche ist Jascheroff aber nicht unglücklich. „Die Dynamik mit einem richtigen Schwert ist einfach eine andere“. So wird vermieden, dass die Kampfszenen realitätswidrig zu leichtfüßig daherkommen. Für den 29-jährigen Jascheroff, bisher vor allem aus Krimi-Nebenrollen etwa im „Tatort“ bekannt, ist es die erste große Rolle in einer internationalen TV-Historienserie - insofern ein Wendepunkt in der Karriere.

Den historische Rahmen für „Alatriste“ bilden die politischen Machtkämpfe im Zeitalter der „Drei Musketiere“. Sie führen dazu, dass der britische Thronfolger aus politischen Gründen die spanische Infantin heiraten will - in die er sich aus Versehen unschicklicherweise auch verliebt. Daraus wird aber nichts, weil die Inquisition und der französische Kardinal Richelieu dazwischenfunken, denn der Brite ist kein Katholik. „Ganz Europa kommt hier zur Sprache“, freut sich der Arte-Spielfilmchef Andreas Schreitmüller.

Der Söldner Alatriste wird im Laufe der Handlung zum Verbündeten des lebenslustigen britischen Prinzen. Vorlage ist die Romanserie „Hauptmann Alatriste“ des spanischen Ex-Kriegsreporters Arturo Pérez-Reverte - ein weltweiter Bestseller. „Es ist zwar keine hohe Literatur, aber auch nicht trivial“, meint der Arte-Mann Schreitmüller. Die TV-Serie entsteht weitgehend in US-Arbeitsweise, und zwar mit sechs Drehbuchautoren und fünf Regisseuren - von denen einer ein Star ist: Enrique Urbizu, der etwa am Drehbuch des Mysteryfilms „Die neun Pforten“ mitgeschrieben hat, wurde mehrfach mit dem spanischen Goya-Filmpreis ausgezeichnet.

Auf die TV-Zuschauer wartet ein konventionell gestrickter Historienkrimi mit Romantik, etwas Blut und „situationsbedingten“ Sex-Szenen, wie die Produzenten versichern. Der fiktive Alatriste fasziniere, weil er edel und gerecht, aber immer noch „ein Mensch wie du und ich“ bleibe, sagt Produzent Lorenzo. Er passe in jede Lebenssituation seiner Epoche - etwa wie der Fernseh-Ermittler Inspektor Columbo oder die Romanfigur Hercule Poirot von Agatha Christie.

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