Firmengeschichte: NSU-Fans sind über das neue Terror-Kürzel entsetzt

Warum sich passionierte Zweiradfahrer zurzeit nicht mit ihrer Lieblingsmarke auf die Straße trauen.

Hardthausen/Neckarsulm. Der Motorroller blubbert im Leerlauf. Karl-Heinz Weiland dreht am Gashebel, und die NSU Lambretta beginnt zu röhren. Die Augen des 75-Jährigen glänzen, während er von der Bastelei an den alten Motorrädern erzählt. Fast sein gesamtes Leben hat er den NSU Motorenwerken gewidmet. Fünf Jahre hat er selbst in der Firma gearbeitet, 25 weitere Jahre bei einem Zulieferer.

Im Ruhestand hat Weiland in seinem Haus in Hardthausen am Kocher (Kreis Heilbronn) ein kleines Museum eingerichtet. Als mehrere Tumore 2002 sein Leben bedrohten, erholte er sich auch durchs Schrauben an seinen Motorrädern und einen Aufenthalt auf dem ehemaligen Campingplatz der Firma NSU in Italien.

Umso härter traf es ihn, als er in den vergangenen Wochen in den Medien beobachten musste, wie das von ihm geschätzte Kürzel NSU mit der Zwickauer Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ in Verbindung gebracht wurde. Bei einem Auto mit NSU-Aufkleber in Norddeutschland sei gar die Scheibe eingeworfen worden. „Momentan ziehe ich von den Kleidern, auf denen NSU draufsteht, nichts an. Da warte ich ab, bis sich die Geschichte beruhigt und bis die Leute aufgeklärt sind“, erzählt der Rentner von seinen Ängsten.

Aufklären will Weiland unbedingt. NSU, das stehe eben für die Stadt Neckarsulm und die dort ansässigen Motorenwerke, die 1969 zur Audi NSU Auto Union AG fusionierten. „Die Jugend kennt NSU ja als Marke gar nicht mehr“, meint der ehemalige technische Kontrolleur. Vorbei die Zeiten, als der NSU Ro 80, ein Automodell der Firma, jedem bekannt war.

Auf Weilands Küchentisch liegt ein Brief des baden-württembergischen Innenministeriums. Das habe ihm zugesagt, bei der Aufklärung zu helfen, sagt der Rentner. Er hat auch bei Fernsehanstalten angerufen und sie gebeten, das Kürzel bitte nicht mehr zu verwenden. Das treffe schließlich eine ganze Region.

Beim deutschen Zweirad- und NSU-Museum in Neckarsulm klingelte in den vergangenen Wochen andauernd das Telefon. „Die Menschen rufen an und fragen, was wir tun können, um den Namen zu schützen“, berichtet Museumsleiterin Natalie Scheerle-Walz. Allerdings sei nur die Marke geschützt, der Name nicht.

Weiland ist vor allem sauer auf Generalbundesanwalt Harald Range: „Das ist doch ein Studierter, wie kann man das Kürzel NSU einfach so auf ein Plakat drucken.“ Für den 75-Jährigen heißt es nun: Hoffen. Er will spätestens im Frühjahr wieder ohne Angst in voller Montur auf Motorradtour gehen — samt NSU-Aufnähern und auf seiner NSU.

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