Fall Gammy könnte Geschäft mit Leihmutter-Babys stoppen

Die großen Kulleraugen von Baby Gammy rühren die Welt. Seine Geschichte, wie die Thailänderin Pattaramon sie erzählt, ist traurig. Tausende Paare, die sich in Thailand mit einer Leihmutter den Babywunsch erfüllen wollen, bangen jetzt um ihren Lebenstraum.

Leihmutter Pattaramon Janbua mit dem kleinen Gammy im Krankenhaus von Chonburi.

Leihmutter Pattaramon Janbua mit dem kleinen Gammy im Krankenhaus von Chonburi.

Foto: DAMIR SAGOLJ

Bangkok (dpa) - Heller Flaum auf den Kopf, weiße Haut: Baby Gammy passt vom Aussehen her so gar nicht in die Familie der Thailänderin Pattaramon Janbua (21). Sie und ihre drei und sechs Jahre alten Kinder kümmern sich liebevoll um den Jungen mit Down-Syndrom. Sie sei die Leihmutter, sagt Pattaramon, die biologischen Eltern hätten Gammy im Stich gelassen und nur seine gesunde Zwillingsschwester mitgenommen. Viele Fragen sind offen, eins aber ist klar: Der Fall dürfte für Tausende Menschen das Aus für den Plan bedeuten, ihren Kinderwunsch mit einer Leihmutter aus Thailand zu erfüllen.

Unklar ist vieles: Wer hat das Geschäft für Pattaramon angebahnt? Offenbar ist es bisher niemandem gelungen, die beteiligte Leihmutteragentur aufzuspüren. Waren die Käufer wirklich Australier? Pattaramon sagt, sie habe das Paar nie gesehen. Wissen die biologischen Eltern von Gammy? Hat die Agentur ihnen den Down-Syndrom-Zwilling vielleicht verschwiegen? Oder erzählt, er sei gestorben?

Anwälte nehmen an, dass der Fall Gammy das Aus für die bislang liberale Handhabung von Leihmutter-Geschäften in Thailand bedeutet. „Das wird den Traum vieler Paare, die sich sehnlich Kinder wünschen, zerstören“, sagt ein ausländischer Anwalt, der nicht mit Namen genannt werden will, der Nachrichtenagentur dpa. Rund 2000 Thailänderinnen brächten jährlich Babys für ausländische Paare zur Welt, schätzt er. „Ich habe auch einem deutschen Paar geholfen. Die Frau hatte Gebärmutterkrebs und konnte keine Kinder bekommen. Eine Leihmutter in Thailand war der einzige Weg zum Familienglück.“

In Deutschland sind solche Geschäfte verboten. Beim Auswärtigen Amt heißt es: „Leihmutterschaftsverträge, in denen sich eine Frau bereit erklärt, sich einer künstlichen oder natürlichen Befruchtung zu unterziehen oder einen nicht von ihr stammenden Embryo auf sich übertragen zu lassen oder sonst auszutragen, sind in Deutschland sittenwidrig und damit nichtig.“

Welle der Hilfsbereitschaft für verstoßenes Baby Gammy
11 Bilder

Welle der Hilfsbereitschaft für verstoßenes Baby Gammy

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Es gibt dennoch Wege, Anwälte in Thailand sind erfinderisch: „Die deutschen Behörden dürfen von der Leihmutterschaft nichts wissen“, schreibt etwa die Kanzlei Thailand Surrogacy Law. „Einmal in Deutschland, kann der Vater sich das alleinige Sorgerecht sichern.“

Agenturen preisen ihre Leihmütter im Internet an, IVF Sunrise zum Beispiel: „Die jungen Frauen leben gesund, in ökologisch sauberen Regionen ohne Fabriken und Kraftwerke und folgen allen ärztlichen Anweisungen“. Bangkok Surrogacy bietet auch Eizellen: „Kaukasische Eizellspenderin: 10.000 Dollar“ - gemeint sind weiße Frauen - „Thailändische/Chinesische Eizellspenderin: 5000 Dollar. Wir haben über 100 Spenderinnen, darunter Anwältinnen, Ingenieurinnen, Lehrerinnen und Wissenschaftlerinnen“.

Der Leihmuttermarkt boomte in Thailand nach Angaben des ausländischen Anwalts zuletzt auch deshalb, weil sich hier schwule und lesbische Paare Kinderwünsche erfüllen konnten. Indien hat Leihmutterschaften für gleichgeschlechtliche Paare verboten. „Thailand ist die ideale Destination für schwule Wunscheltern“, preist Thailand Surrogacy. „Mit uns bekommen sie alle juristische, medizinische und psychologische Unterstützung, die nötig ist.“

Die seit Mai regierende Militärjunta missbilligt das Geschäft aber offenbar. Sie hat Vermittler bereits gewarnt. „Wir nehmen zur Zeit keine neuen Fälle an“, sagte eine Agentur vermeintlichen Interessenten am Telefon. „Melden Sie sich in 14 Tagen wieder.“ Bis dahin soll Klarheit herrschen. „Wir tagen zu dem Thema am 14. August“, sagt ein Sprecher der Aufsichtsbehörde Medical Council. Anwälte rechnen damit, das künftig nur noch selbstlose Leihmutterschaft erlaubt sein wird - ohne Geld und bei Verwandtschaft der Wunscheltern mit der Leihmutter.

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