Extremismus: Das braune Fressen im Hochglanz-Format

„Heil Hitler, Herr Friedman“: Wie ein Jude in „Vanity Fair“ den Nazi Horst Mahler interviewt. Eine Geschmacksprobe.

Düsseldorf. Man nehme einen Juden, setze ihm einen Neo-Nazi gegenüber, räume den Gesprächspartnern zehn Illustrierten-Seiten ein und lasse die braune Sauce quellen.

Skandal-Interview - so kündigt das Lifestyle-Magazin "Vanity Fair" den unappetitlichsten Teil seiner jüngsten Ausgabe an, zubereitet von dem Journalisten und Talkmaster Michel Friedman und dem bekennenden Rechtsextremisten Horst Mahler.

Nun wissen wir: Friedman schreckt vor niemandem zurück, und Mahler redet gern über seine Gesinnung, zumal er dazu kaum noch Gelegenheit hat, außer, er sitzt einmal wieder wegen Volksverhetzung auf der Anklagebank. Nein, ansonsten hat der Ex-NPD-Anwalt kaum noch Chancen zu reden, weil man im Gefängnis irgendwie isoliert ist. Weil das mit dem Reden selbst an den Stammtischen der NPD nicht mehr die reine Freude ist, seit Mahler sich mit der rechtsextremen Partei überworfen hat, die er zu gemäßigt findet. Und weil weder Zeitungsredaktionen noch Fernsehsender dem wirren Demagogen ein Forum geben wollen.

Warum dann "Vanity Fair"? Das Magazin fügt dem braunen Fressen eine apologetische Vorspeise hinzu, denn, na klar, auf Vorwürfe ist man vorbereitet. Die Veröffentlichung habe ihre Berechtigung, heißt es, schließlich demaskiere sich der Staatsfeind durch seine Worte selbst. Außerdem habe man den Chefideologen der Rechten ja eigentlich über seine Vergangenheit als RAF-Terrorist ausquetschen wollen.

Wie gut dies gelang, zeigt sich schon im Begrüßungsritual. Da intoniert Mahler ein "Heil Hitler, Herr Friedman" und lässt so wissen, dass er überhaupt keine Lust hat, über seine Zeit bei der Rote-Armee-Fraktion zu sprechen, außer, dass "Ulrike Meinhof heute sicher auf meiner Seite stehen würde".

Aber dann ist das große, braune Fressen eröffnet. "Ich habe Sehnsucht nach dem Deutschen Reich", tischt Mahler an einer Stelle auf, "Auschwitz, das ist eine Lüge" an einer anderen Stelle, und: "Hitler war der Erlöser des deutschen Volkes." Auf Friedmans Frage, ob er irgendwelche Gesetze Deutschlands anerkenne, antwortet Mahler: "Na sicher, die deutschen Reichsgesetze."

Da muss es selbst dem glatten Stress-Interviewer Friedman schlecht geworden sein. Mal versucht er sich als Irrenarzt ("Sie haben nicht das Gefühl, dass Sie einen Verfolgungswahn haben, paranoid sind?"), dann als Belzebub, der das Böse herauskitzelt ("Auschwitz ist eine Lüge?"). Dann wieder tritt er als devoter Masochist in Erscheinung ("Ich bin nicht so klug wie sie").

Nach zehn Seiten ist das braune Fressen zu Ende, der Leser kämpft gegen den Brechreiz, und Michel Friedman serviert als Nachtisch eine Strafanzeige gegen Mahler. Schließlich steht das Leugnen des Holocaust und das Verwenden des Hitlergrußes unter Strafe. "Die verbale pseudowissenschaftliche Hetze von Horst Mahler beeinflusst einen Teil unserer Jugend und verführt sie zu Gewalt gegen Minderheiten", sagt Friedman dazu.

Wirklich? Wenn das stimmt, dann hat das braune Fressen in "Vanity Fair" möglicherweise sogar dem einen oder anderen geschmeckt. Dann wäre es wahrscheinlich besser gewesen, es wäre erst gar nicht auf den Tisch gekommen.

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