Ex-Popstar Gary Glitter zu 16 Jahren Haft verurteilt

London (dpa) - Gary Glitter trat in seiner kurzen Glanzzeit als der größte Popstar aller Zeiten auf. Hautenger Overall, die stark behaarte Brust offenbarend, Schuhe mit hohen Plateausohlen, wirrer Blick.

Ex-Popstar Gary Glitter zu 16 Jahren Haft verurteilt
Foto: dpa

Der Mann, der nur wenige echte Hits herausbrachte, wähnte sich auf dem Olymp des Rock 'n' Roll. Und er fiel tief.

Am Freitag verurteilte ein Londoner Gericht den inzwischen 70-Jährigen wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs in den 1970er Jahren zu 16 Jahren Haft. Viele in Großbritannien mutmaßen, dass Glitter, der mit bürgerlichem Namen Paul Gadd heißt und nicht mehr bei bester Gesundheit ist, das Gefängnis nicht mehr lebend verlassen wird.

Glitter, der mit Singles wie „Rock and Roll (Parts 1 & 2)“ vor allem Anfang der 70er Jahre Erfolge feiert, ist einer aus der Glitzerbranche, der den Ruhm nicht verkraftet. Drogen und Alkohol schaden ihm, ein Comeback gelingt nur schwer. Schon Ende der 1970er Jahre kommt er in massive Geldschwierigkeiten. Bis dahin ist seine Geschichte nur eine von vielen aus der Branche.

1997 aber entdeckt ein Computer-Techniker Kinderpornografie auf Glitters Laptop - der Anfang vom Ende. Er wird verurteilt, muss ins Gefängnis, wandert aus, kommt in Kambodscha und Vietnam wieder wegen Kindesmissbrauchs mit dem Gesetz in Konflikt, wird wieder inhaftiert.

2006 wird Glitter in Vietnam zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach zweieinhalb Jahren kommt er frei. Kaum ein Land will ihn noch haben, Thailand und Hongkong lassen ihn nicht einmal aus dem Flughafen. Er muss nach London, wo er eigentlich nicht hinwill. Als 2012 der große britische Missbrauchsskandal um den ehemaligen BBC-Moderator Jimmy Savile losbricht und sich mehr und mehr Zeugen melden, ist Glitter der erste, den Scotland Yard festnimmt. Kaum einer wundert sich mehr in Großbritannien.

Der tiefe Fall des Gary Glitter ist im britischen Missbrauchsskandal nur ein Mosaiksteinchen. Der Entertainer Rolf Harris wurde schon verurteilt, genauso wie der Publizist Max Clifford. Im Vergleich zu den Taten des verstorbenen Jimmy Savile, die inzwischen publik geworden sind, wirken sie allerdings fast nachrangig.

Richter Alistair McCreath redete dem Rockstar ins Gewissen: „Sie haben ihnen echten und nachhaltigen Schaden zugefügt und das haben Sie aus keinem anderen Grund getan, als zu Ihrer eigenen sexuellen Befriedigung in einer vollkommen verkehrten Art“, sagte der Jurist über Glitters Umgang mit seinen Opfern. Die Frage, wie das alles überhaupt möglich war, konnte auch er nicht erklären. Teils hatten die Mütter der Mädchen ihre Kinder nach Glitters Konzerten in die Umkleidekabine gebracht. Teils waren die Eltern betrunken. Helfershelfer aus dem Umfeld des Stars schauten einfach weg - so wie bei allen anderen Missbrauchs-Skandalen in Großbritannien auch.

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