Erster TV-Satellit vor 50 Jahren: Eintrittskarte ins globale Dorf

Vor 50 Jahren wurde der erste TV-Satellit ins Weltall geschossen. Mit dem Start begann ein neues Zeitalter der Kommunikation.

Berlin. Er sah aus wie ein übergroßer Wasserball, der mit Antennen gespickt um die Erde eierte. „Faszinierend“, hätte Mr. Spock im Science-Fiction-Streifen „Raumschiff Enterprise“ dazu sagen können: „Der erste Kommunikationssatellit!“

Vor 50 Jahren ins All geschossen, war der Satellit so etwas wie die Eintrittskarte ins globale Dorf. Erstmals übertrug er Fernsehbilder live zwischen Amerika und Europa. Die Menschheit begann, am Glück oder Unglück in fernen Erdteilen teilzunehmen — in bewegten Bildern und in Echtzeit.

Auf „Raumpatrouille“, das „Raumschiff Enterprise“ oder futuristische Kugelsessel in schreiendem Orange — die 60er Jahre waren beseelt vom Griff nach den Sternen. Den Anfang machten 1957 die Russen mit dem Start des „Sputnik“, 1961 umrundete Juri Gagarin als erster Kosmonaut die Erde. 1969 landeten die Amerikaner auf dem Mond.

In diesem Wettlauf hatte „Telstar“ geerdete Ziele: 77 Kilo schwer und mit 3600 Solarzellen ausgestattet, sollte er in 8000 Kilometern Höhe das Telefonieren zwischen neuer und alter Welt einfacher machen und Alternativen zu überlasteten Überseekabeln bieten. Dazu galt es, Funk-Signale aufzufangen, zu verstärken und zum anderen Kontinent abzustrahlen. Die Signale waren zu schwach, um die Strecke über den Atlantik zu schaffen.

Die Menschen vor den Fernsehern interessierten vor allem die Live-Bilder. Aus den USA war bei den ersten Tests eine wehende US-Flagge zu sehen. Die erste Empfangsstation in Frankreich revanchierte sich mit „La Chansonnette“, gesungen von Yves Montand. Das Ereignis wurde in Wohnzimmern gefeiert wie ein Fest. US-Präsident John F. Kennedy sprach von der „Vision eines neuen Zeitalters weltweiter Kommunikation“.

In Westdeutschland gab es 1962 nur ein Fernsehprogramm, sechs Stunden am Tag. Erst ein Drittel aller Haushalte hatte ein Gerät. Es war normal, Nachbarn und Freunde einzuladen — zum Fernsehabend. Während der Tagesschau gehörte es sich nicht, andere Leute anzurufen. „Der Fernseher war zu dieser Zeit so etwas wie ein archaisches Lagerfeuer, das alle zusammengebracht hat“, erläutert Harald Wenzel, Medienwissenschaftler an der Freien Universität Berlin.

Es hatte zwar schon Live-Bilder von der Hochzeit der Queen 1953 gegeben, ein Jahr nach dem Start des deutschen TV-Programms. Aber Bilder und Nachrichten aus Übersee, zeitgleich? Das glich einem Wunder. In den 15 Minuten, die Telstar pro Erdumlauf von den Kontinenten aus zu erreichen war, übertrugen die USA bald eine Rede Kennedys.

Es ist wie ein Kuriosum der Geschichte, dass Kennedy, der große Freund des Fernsehens, auch zum Mittelpunkt des ersten großen globalen Live-TV-Ereignisses wurde. Es war allerdings ein trauriger Anlass: Kennedys Beerdigung nach dem tödlichen Attentat im Jahr 1963.

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