Erstmals nachgewiesen Erster Affenpocken-Fall in Deutschland - Patient war auch in Düsseldorf

In Deutschland ist ein erster Fall der Affenpocken aufgetreten. Laut Karl Lauterbach war es nur eine Frage der Zeit. Der behandelnde Arzt gibt erste Auskünfte.

Die neuartige Virusvariante wurden nun auch in Deutschland nachgewiesen.

Die neuartige Virusvariante wurden nun auch in Deutschland nachgewiesen.

Foto: dpa/Cynthia S. Goldsmith

Erstmals ist auch in Deutschland ein Fall von Affenpocken bestätigt worden. Das Virus sei am Donnerstag bei einem Patienten nachgewiesen worden, teilte das Institut für Mikrobiologie am Freitag in München mit. Der Patient habe charakteristische Hautveränderungen gehabt.

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis Affenpocken auch in Deutschland nachgewiesen werden“, teilte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu dem Fall mit. Durch die Meldungen aus anderen Ländern seien Ärzte und Patienten in Deutschland sensibilisiert. „Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass das Virus nicht so leicht übertragbar ist und dass dieser Ausbruch eingegrenzt werden kann.“ Dafür sei aber schnelles Handeln nötig. „Wir werden jetzt das Virus genauer analysieren und prüfen, ob es sich um eine ansteckendere Variante handelt.“

Im Zuge der gestiegenen Aufmerksamkeit für die Erkrankung werden in immer mehr Ländern Fälle der eigentlich selten auftretenden Affenpocken nachgewiesen. Am Freitag meldete auch Frankreich einen ersten Fall, zudem wurde das Virus in Australien und damit einer weiteren Weltregion entdeckt. In welchem Umfang sich der aus Afrika stammende Erreger bereits international verbreitet hat, ist noch offen. Gesundheitsbehörden zufolge verursacht das Virus meist nur milde Symptome, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen.

Er gehe bei der Vielzahl von Fällen in westlichen Ländern davon aus, dass das Virus schon seit einer Weile unbemerkt im Umlauf war, sagte der Mediziner Norbert Brockmeyer. Durch die gestiegene Aufmerksamkeit sei mit vermehrten Nachweisen zu rechnen, sagte der Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft der Deutschen Presse-Agentur. STI steht für sexuell übertragbare Infektionen.

In Frankreich ist Behördenangaben zufolge ein 29-Jähriger im Großraum Paris betroffen, der zuvor nicht in ein Land gereist war, in dem das Virus zirkuliert. Kontaktpersonen würden ermittelt und bekämen Verhaltensregeln genannt, um eine Weiterverbreitung des Virus zu verhindern, hieß es. In Australien wurde der Erreger bei einem etwa 30 Jahre alten Mann bestätigt, der kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrt war, wie es von der zuständigen Gesundheitsbehörde hieß. Er befinde sich in einem Krankenhaus in Isolation, seine Kontakte würden nun ermittelt.

Erste Affenpocken-Patient war auch in Düsseldorf

Dem ersten in Deutschland gemeldeten Affenpocken-Patienten geht es nach Angaben des behandelnden Krankenhauses relativ gut. Der junge Mann habe sich „sehr verantwortungsbewusst direkt nach Symptombeginn in medizinische Betreuung begeben, um andere vor einer Infektion zu schützen“, sagte am Freitag Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie der München Klinik Schwabing. Er habe mit leichten Schluckstörungen und erhöhter Temperatur nur geringfügige Symptome und brauche noch keine speziellen Medikamente.

Der Patient werde weiter in dem Krankenhaus bleiben, da von einer drei bis vier Wochen andauernden Infektiosität ausgegangen werde, erläuterte Wendtner, der Anfang 2020 auch den bundesweit ersten bekannten Corona-Patienten behandelt hatte. Er wies darauf hin, dass Affenpockenviren in West- und Zentralafrika bei Nagetieren verbreitet seien und normalerweise von Tieren auf Menschen übertragen würden.

Es sei ungewöhnlich, dass es aktuell mehrere Fälle in unterschiedlichen Ländern auch außerhalb Afrikas gebe. Die Infektionsketten müssten nun nachvollzogen werden. „Darüber hinaus sollte jetzt nicht spekuliert werden“, sagte der Mediziner.

Bei dem Münchner Patienten handelt es sich um einen aus Brasilien stammenden 26-Jährigen. Laut dem bayerischen Gesundheitsministerium war er von Portugal über Spanien nach Deutschland gereist und seit etwa einer Woche in der bayerischen Landeshauptstadt. Zuvor sei er auch schon in Düsseldorf und Frankfurt am Main gewesen.

Infektionen mit dem Virus werden mittlerweile aus immer mehr Ländern gemeldet. Das Affenpocken-Virus ruft meist nur recht milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen.

Zuvor waren bereits aus zahlreichen anderen Ländern wie Großbritannien, Spanien, Schweden und den USA Fälle gemeldet worden. Ein Großteil oder womöglich sogar alle Fälle bisher betreffen Männer, vielfach hatten sie den Angaben zufolge sexuelle Kontakte zu Männern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits am Mittwoch zu einer rigorosen Nachverfolgung aller Kontakte von Betroffenen aufgerufen. Kliniken und Bevölkerung müssten für die Symptome sensibilisiert werden.

Am stärksten gefährdet für eine Ansteckung sind Brockmeyer zufolge Menschen, die sexuelle Kontakte zu vielen verschiedenen Menschen haben. Das Virus könne aber grundsätzlich auch bereits bei engem Körperkontakt übertragen werden, insofern hält der Mediziner auch in der Allgemeinbevölkerung Vorsicht für ratsam. Anlass zu großer Sorge gebe es aber nicht. „Die Affenpocken werden gut kontrollierbar sein.“

Von wissenschaftlicher Seite gelte es zu prüfen, wie ansteckend das kursierende Virus sei und ob es sich um eine mutierte, ansteckendere Variante handle, sagte Brockmeyer. „Es ist ja leider so, dass wir in Deutschland eine Riesenpopulation haben, die nicht gegen Pocken geimpft worden ist - insbesondere im sexuell aktiven Alter.“ Das Potenzial an Infektionen durch den Erreger sei damit deutlich größer als etwa noch vor 20 Jahren. Je nach weiterer Entwicklung müsse man Pockenimpfungen in Erwägung ziehen. Die Pocken gelten seit 1980 als weltweit ausgerottet, seither wird nicht mehr dagegen geimpft. Prinzipiell wäre ein wohl gut wirkender Impfstoff aber verfügbar.

Die Deutsche Aidshilfe warnte angesichts der Affenpocken-Fälle bei schwulen Männern vor falschen Schlussfolgerungen und Stigmatisierung. „Natürlich gibt es bei den Affenpocken oberflächliche Ähnlichkeiten zu HIV damals - es ist wieder eine Erkrankung aus Afrika, die auch schwule Männer betrifft. Aber in vielen anderen Punkten passt der Vergleich nicht“, sagte Aidshilfe-Sprecher Holger Wicht.

Das Virus, das die Affenpocken auslöst, sei im Unterschied zu HIV in den 80er Jahren länger bekannt, zudem heile die Erkrankung von selbst aus. „Uns ist sehr wichtig, dass hier nicht Panik und unangemessene Ängste entstehen.“ Es gebe bei der Einschätzung der Krankheitsschwere noch Ungewissheiten - etwa darüber, wie gut Immungeschwächte - dazu können zum Beispiel auch langjährig unbehandelte HIV-Infizierte zählen - die Erkrankung verkraften.

Der Charité-Infektiologe Leif Sander beschrieb die Affenpocken bei Twitter als weniger krankmachend als die Pocken, es sei aber „dennoch eine ernste und in Einzelfällen tödliche Erkrankung“. Die Krankheit trägt den Namen Affenpocken, nachdem der Erreger 1958 erstmals bei Affen in einem dänischen Labor nachgewiesen wurde. Fachleute vermuten, dass das Virus eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen und Menschen gelten als sogenannte Fehlwirte.

(dpa)
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