Erfahrung macht klug: Menschenaffen haben langes Erinnerungsvermögen

Cambridge/Aarhus (dpa) - Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung: Die alte Schlagerweisheit gilt nach einer neuen Studie nicht allein für Menschen.

Auch Schimpansen und Orang-Utans verfügen über ein bisher ungeahnt langes Erinnerungsvermögen, berichten dänische und deutsche Forscher in der Fachzeitschrift „Current Biology“.

Menschen können sich an Ereignisse erinnern, die ihnen vor vielen Jahren widerfahren sind. Erinnerungen können zum Beispiel als Reaktion auf einen Geruch, einen Geschmack oder ein Geräusch auftauchen - oder aber sie nutzen als Erfahrungsschatz beim Bewältigen neuer Aufgaben.

Menschanaffen hat man solche Fähigkeiten bisher kaum zugetraut. Jetzt berichten die Forscher, dass Primaten sich problemlos an eine Werkzeug-Suche erinnerten, die sie in einem Experiment drei Jahre zuvor nur viermal geübt hatten. Die Tiere hätten die Erfahrungen mühelos abgerufen - obwohl sie gar nicht erwarten konnten, dass sie sich einmal daran erinnern müssten, sagt Mitautorin Gema Martin-Ordas von der Aarhus Universität in Dänemark.

Die Wissenschaftler arrangierten ihr neues Experiment genauso, wie es die Menschenaffen drei Jahre zuvor erlebt hatten: Sie versteckten Werkzeuge unter Gegenständen. Die Schimpansen und Orang-Utans erinnerten sich augenblicklich, wo sie suchen mussten. „Ich war überrascht, dass die Tiere sich nicht nur die Situation erinnerten, sondern dass sie das auch noch so schnell taten“, ergänzt Martin-Ordas. Im Durchschnitt brauchten sie fünf Sekunden, um die Werkzeuge zu entdecken. Unerfahrene Tiere aus einer Kontrollgruppe wurden auch nach fünf Minuten noch nicht fündig.

Das zeige, dass die blitzschnellen Primaten nicht einfach planlos herumgelaufen seien. Viel wahrscheinlicher sei, dass sie sich an das Erlebnis vor drei Jahren erinnert hätten - und diese Erinnerung ihnen dabei half, die Werkzeuge so fix zu finden.

Auch an ein Erlebnis, das nur 14 Tage zurücklag, erinnerten sich die Primaten mit Bravour - und lösten die ihnen gestellte Aufgabe. Dabei zeigte sich, dass sie auch zwischen ähnlichen Ereignissen in der näheren und fernen Vergangenheit unterscheiden können, folgern die Forscher. Dies sei ein äußerst wichtiger Befund, betont Martin-Ordas. Denn um solche Unterscheidungen zu treffen, müssten die Tiere unterschiedliche Elemente wie Aufgabenstellung und Werkzeug richtig kombinieren können.

Aus ihren Ergebnissen schließen die Wissenschaftler, dass Schimpansen, Orang-Utans und Menschen einige Merkmale des Verschlüsselns und des Erinnerns von persönlichen Erlebnissen teilen. Das Erinnerungsvermögen der Primaten spiegele somit schon Merkmale des autobiografischen Gedächtnisses des Menschen.

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