Entsetzen und Angst bei Japanern in Deutschland

Japan ist vom schlimmsten Erdbeben seiner Geschichte getroffen. Flutwellen richten Verwüstungen an, fordern Tote und Verletzte. Auch die Japaner in Deutschland bangen um ihre Angehörigen und Freunde. Viele warten noch auf erlösende Nachrichten aus der Heimat.

Düsseldorf/Köln. Schock, Fassungslosigkeit und Angst um Familie und Freunde in Japan. „Meine Eltern haben mir gerade aus Sendai gemailt. Sie leben. Gott sei Dank. Nur das Haus ist etwas beschädigt“, erzählt Hiroto Sugawara in Düsseldorf. „Aber in ihrer Straße ist alles verwüstet, fast alle Nachbarn haben ihr Haus verloren. Und ich habe Angst um meine Tante, ich warte noch auf ihr Lebenszeichen aus Sendai“, sagt der 22-Jährige. Sendai liegt 130 Kilometer westlich vom Epizentrum und ist vom schwersten Erdeben des Inselstaats mit einer Stärke von 8,9 besonders schlimm getroffen.

Entsetzen und große Sorge herrschen auch in einem japanischen Buchladen in der NRW-Landeshauptstadt: „Es ist einfach schrecklich, man kommt nicht nach Japan durch, alle Telefone sind tot“, erzählt Natsuki Washimi. „Wir haben viele Bekannte und Freunde in Sendai, aber auch in Tokio. Das alles ist schrecklich“. Mit anderen Kunden verfolgt sie die TV-Bilder von explodierenden Fabriken, Tsunami-Wellen, zerstörten Häusern und Feuern auf einem Großbildschirm. „Wir Japaner kennen Erdbeben. Aber so etwas Entsetzliches gab es noch nie. Und es geht noch weiter. Der Tsunami wird schreckliche Folgen haben“, glaubt eine japanische Kundin.

In Düsseldorf leben - neben Paris und London - die meisten Japaner in Europa. Die Gemeinde im Düsseldorfer Raum zählt laut Japanischem Generalkonsulat 8200 Mitglieder, hat eine gewachsene Infrastruktur mit eigener Schule, vielen Restaurants und Geschäften. Gut 500 japanische Firmen haben sich am Rhein niedergelassen. Am Freitag ist überall nur das Erdbeben Thema. Im Konsulat stehen die Telefone nicht still, besorgte Japaner versuchen an Infos aus der Heimat zu kommen. Auch im japanischen Club werden die neuesten Nachrichten abgefragt. „Ein großes Thema natürlich auch bei uns. Überall betroffene Gesichter“, heißt es aus der japanischen Schule.

Michiko Ariga, die aus Tokio stammt, sagt: „Praktisch alle Flughäfen in Japan sollen dicht sein. Die Bahnen stehen still. Das Telefonnetz ist teilweise abgeschaltet. Ich mache mir Riesensorgen.“ Und: „Meine beste Freundin in Tokio und meine beiden Brüder habe ich noch nicht erreicht. Nur zu einer einzigen Freundin bin ich durchgekommen. Sie hat in den schlimmsten Stunden unter einem Tisch Sicherheit gesucht. Sie hat große Angst, sie sagt, es ist noch lange nicht vorbei. Es wackelt überall in Tokio.“

Auch Toshiaki Yasuda, Präsident von Toyota Deutschland, ist schockiert: „Ich bin besorgt über das Ausmaß der Schäden, die dieser Erdstoß verursacht hat und besonders auch über das große Gebiet, das zu Schaden gekommen ist durch den zerstörerischen Tsunami“, sagt er in Köln. „Ich hoffe, dass Japan diese Katastrophe bald überwinden kann.“ Der TÜV Rheinland ist erleichtert, dass es unter seinen 400 Beschäftigten in Tokio und Yokohama keine Verletzten gab. „Am Headquarter hat unser Hauptgebäude leichte Schäden, aber die Labore sind wohl in Ordnung. Die gute Nachricht ist: Alle Mitarbeiter und ihre Familien sind unverletzt“, sagt Sprecher Hartmut Müller-Gerbes.

Das Ausmaß der Katastrophe ist noch nicht abzusehen. Stündlich werden mehr Tote und Verletzte gemeldet. „Alle sind schockiert und verfolgen fassungslos die schrecklichen Bilder im Fernsehen und im Internet“, sagt die Düsseldorfer Japanerin Yasuko Hosoi. Auch Koyo Yokio berichtet ähnliches: „Ich gucke dauernd CCN und japanisches Fernsehen. Armes Japan. Meine Familie lebt in Tokio, da sind alle ok. Aber es hat eine Stunde gedauert, bis ich Kontakt bekam - und das war meine schrecklichste Stunde überhaupt.“ dpa

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