IS-Terror in Frankreich Einer der Angreifer in Nordfrankreich wollte schon als Jugendlicher nach Syrien

Attentäter mit nur 19 Jahren.

Eine Frau zündet eine Kerze auf den Stufen der Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray, dem Tatort der Terrorattacke.

Eine Frau zündet eine Kerze auf den Stufen der Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray, dem Tatort der Terrorattacke.

Foto: Ian Langsdon

Paris (AFP) - Schon als Jugendlicher wollte Adel Kermiche von Frankreich zum Dschihad nach Syrien reisen. Zweimal scheiterte sein Vorhaben - jetzt schlug er als erst 19-Jähriger in seiner Heimat zu. Zusammen mit einem zunächst nicht identifizierten Komplizen stürmte er am Dienstag eine Kirche nahe der nordfranzösischen Stadt Rouen. Die Männer nahmen mehrere Geiseln, schnitten dem 1930 geborenen Priester die Kehle durch und verletzten ein älteres Gemeindemitglied schwer, bevor sie von Polizisten erschossen wurden.

"Wir wussten, dass er nach Syrien gehen wollte", berichtete ein Nachbar von Kermiches Familie, die im nahe Rouen gelegenen Saint-Etienne-du-Rouvray lebt - in der Kleinstadt also, in der sich die Bluttat ereignete. In der Moschee habe er den jungen Mann nie gesehen, sagte der 60-Jährige der Nachrichtenagentur AFP. Zweimal hatte Kermiche im vergangenen Jahr versucht, nach Syrien zu reisen, wie der Pariser Staatsanwalt François Molins am Dienstagabend darlegte. Beim ersten Mal im März 2015 - kurz vor seinem 18. Geburtstag - versuchte er es über Deutschland unter der Identität seines Bruders. Er wurde in Deutschland aber nach einem Hinweis eines Familienmitglieds festgenommen und zurück nach Frankreich geschickt.

Weniger als zwei Monate später unternahm er den zweiten Versuch, diesmal über die Schweiz. Die Reise endete in der Türkei, wo Kermiche gemäß einem internationalen Haftbefehl festgenommen wurde, bevor er über die Schweiz nach Frankreich ausgeliefert wurde.

Dieses Mal kam der junge Mann, der am 25. März 1997 in der bei Rouen gelegenen Gemeinde Mont-Saint-Aignan geboren wurde, in Untersuchungshaft. Die Justiz beschuldigte ihn der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Verbindung mit einem Terrorvorhaben. Im März 2016 wurde er aber unter strengen Auflagen und mit einer elektronischen Fußfessel in den Hausarrest entlassen.

Das birgt gewaltigen politischen Sprengstoff: Wieder schlug in Frankreich ein Attentäter zu, der den Sicherheitsbehörden wohlbekannt war. Die Behörden müssen sich fragen lassen, ob der Anschlag in Saint-Etienne-du-Rouvray nicht hätte verhindert werden können.

Im Radiosender RTL sagte ein Jugendlicher, der sich als Bekannter von Kermiche ausgab, dieser habe aus Anschlagsplänen keinen Hehl gemacht. "Ich bin nicht erstaunt, er hat mir die ganze Zeit davon erzählt." Kermiche habe vom Islam gesprochen - und vor zwei Monaten auch von einem Angriff auf eine Kirche. "Ich habe es nicht geglaubt, er hat immer viel erzählt."

"Er war jemand wie wir, ich weiß nicht, wie er abgleiten konnte", sagte dagegen ein anderer Bekannter auf RTL. "Ihm wurde das Gehirn gewaschen."

Die Radikalisierung des jungen Mannes wird nun intensiv die französischen Ermittlungsbehörden beschäftigen, ebenso wie die Frage nach weiteren Komplizen und Hintermännern. Das Beispiel Kermiche zeigt aber auf beängstigende Weise, wie gefährlich schon junge Islamisten werden können.

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