Eine Bombe und ein Mordkomplott: Terrorverdächtige vor Gericht

Nach Sauerland-Gruppe, Al-Kaida-Zelle und Kölner Kofferbomber nun der Bonner Bahnhofsbomber: Bonn und Leverkusen sollten Tatorte islamistischen Terrors werden, sagt die Bundesanwaltschaft. Vier Angeklagte stehen von Montag an in Düsseldorf vor Gericht.

Eine Bombe und ein Mordkomplott: Terrorverdächtige vor Gericht
Foto: dpa

Düsseldorf (dpa) - Eine Bombe an Gleis 1 des Bonner Hauptbahnhofs und ein nächtliches Mordkommando auf dem Weg zu einem Rechtsextremen in Leverkusen: Was sich im Rheinland im Dezember 2012 und im März 2013 abgespielt hat, sind für die Bundesanwaltschaft zwei weitere Versuche, den islamistischen Terror nach Deutschland zu tragen. Vom kommenden Montag an werden beide Fälle in einem großen Terrorverfahren vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht aufgerollt. Prozessbeteiligte rechnen mit einer Dauer von zwei Jahren.

Angeklagt sind Marco G. (27), Enea B. (44), Koray D. (25) und Tayfun S. (24). Die Bombe in Bonn soll Marco G., ein zum Islam konvertierter Deutscher, als Einzeltäter platziert haben - er muss sich deshalb wegen versuchten Mordes verantworten. Er habe den Sprengsatz gebaut und in einer blauen Nylontasche auf dem Bahnsteig abgestellt, so sehen es die Ermittler. Im Internet soll er zuvor die Grundstoffe gefunden und bestellt haben. Auch eine Bauanleitung habe man bei ihm gefunden.

Was allerdings fehlt, ist der Zündmechanismus der Bombe. Die Bundesanwaltschaft geht dennoch davon aus, dass der Sprengsatz, gefunden am 10. Dezember 2012, keine Attrappe war. „Es gab die klare Absicht zu töten“, heißt es aus Ermittlerkreisen. In einem Umkreis von etwa drei Metern hätte die Rohrbombe Menschen umgebracht.

Marco G. aus Oldenburg war im November 2011 nach Bonn umgezogen und soll dort in die Salafisten-Szene eingetaucht sein. Diese empörte sich über das provokative Zeigen der Mohammed-Karikaturen durch Mitglieder der rechtsextremen Pro NRW im Mai 2012.

Nachdem die Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) in einem Internet-Video zum Mord an Pro-NRW-Politikern aufrief, soll G. mit seinen Komplizen begonnen haben, den Parteivorsitzenden Markus Beisicht auszuspähen. Die Männer sollen Beisichts Wohnhaus ausgekundschaftet und zwei Schusswaffen und Schalldämpfer besorgt haben.

Erst nach der Festnahme in Leverkusen kam es durch einen DNA-Abgleich zum Durchbruch bei den Ermittlungen in Sachen Bonner Bombe: Am Rohr, in das der Sprengstoff gefüllt war, wurde die DNA der kleinen Tochtervon Marco G. gefunden - am Wecker, der wohl als Zeitzünder dienen sollte, die DNA seiner Frau.

„Das Beweisgebilde der Bundesanwaltschaft ist sehr instabil - leicht wird deren Beweisführung nicht“, sagt Verteidiger Carsten Rubarth aus Bonn, der Enea B. vertritt. „Was die Angeklagten in Leverkusen wollten, ist zum Beispiel völlig unklar. Es ist ja nichts geschehen.“

Auch Rechtsanwalt Peter Krieger, Verteidiger von Marco G., sieht „eine Menge Angriffspunkte“. „Wir werden jeden Stein des Beweisgebäudes der Bundesanwaltschaft umdrehen und dann mal gucken, was übrig bleibt.“ Schon bei der angeblichen Zündfähigkeit der Bombe werde „viel mit Mutmaßungen statt mit Fakten operiert“.

Mit Geständnissen kann die Bundesanwaltschaft nicht rechnen. Die Ankläger gehen von einem langwierigen Verfahren und einer Dauer von etwa zwei Jahren aus. Marco G. droht im Fall einer Verurteilung lebenslange Haft, den drei anderen Angeklagten drohen bis zu 15 Jahre.

Pro-NRW-Chef und Rechtsanwalt Beisicht hätte sich gern als Nebenkläger in dem Prozess gesehen. Doch den Auftritt des Provokateurs ließ der Senat unter Vorsitz von Richter Frank Schreiber nicht zu - zum großen Verdruss der Rechtsradikalen.

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