Ein Müller aus Leidenschaft

Mühlen-Professor: Martie te Brake bringt am Niederrhein die alte Mühlen wieder ans Laufen. Es ist eine wahre Kunst, die Mühlsteine so auszurichten, damit das Mehl ganz fein gelingt und nicht nur für Viehfutter taugt, wie die ersten Kilo in Oppum zeigten.

Krefeld. Wenn er nassgeschwitzt, mit Staub auf dem Kopf, nach der Arbeit die Mühle verlässt, ist das für ihn wie Hochzeit, das totale Glück. Dann hat Martie te Brake gefühlt, wie große Windkraft die riesigen Flügel in Bewegung setzt und die Tonnen schweren Mühlsteine antreibt. Wenn es in der Mühle zittert und klappert, das Gebälk knirscht und wackelt, "dann geht das Herz auf".

Neben seiner Frau und den drei Kindern hat der 52-Jährige nur eine Leidenschaft: Das sind Mühlen, Mühlen, Mühlen. Eigentlich ist te Brake Lehrer. Mühlenbau und Müllerhandwerk betreibt er als Hobby. "Einen Samstag im Monat darf ich ganz bei den Mühlen sein, dann bin ich meistens in Krefeld-Oppum.

Die Männer, die dort die Geismühle saniert haben, lernen bei mir das Müllerhandwerk", sagt er. "Die anderen Samstage verbringe ich halbtags in anderen alten Gemäuern in Oberhausen, Büttgen oder Kirchhofen bei Heinsberg." Auch dort hat er Mühlen wieder ans Laufen gebracht.

Für einen Holländer, der im Land der Mühlen lebt, ist diese Liebe vielleicht nicht ganz so weit hergeholt. In Oppum ist die Mühlen-Leidenschaft jedoch mindestens auf zehn gestandene, erfolgreiche Männer - vom Ingenieur bis zum Handwerkermeister - übergesprungen: Sie lernen, nachdem sie das alte und marode Gemäuer in nur zwei Jahren zu einem Schmuckstück saniert haben, nun den zweiten Beruf und steigen freiwillig auf die riesig langen Windmühlenflügel.

Sie wollen auch Müller werden, um die Mühle betreiben zu können. Die Männer erfahren vom Mühlen-Professor, wie der Wind geprüft, die Lager geschmiert und die Segel gesetzt werden, damit sich die Flügel drehen und die Mühlsteine bald Korn zu Mehl mahlen.

Mühlen haben das Leben von te Brake von kleinauf begleitet. Als Kind beobachtete er auf dem elterlichen Hof den Müller bei der Arbeit. Später ging er ihm zur Hand, und mit 14 durfte er schon alleine arbeiten: drehen, schmieren, mahlen. "Oft habe ich mit den Schulbüchern im Kopf der Mühle gesessen und gelernt. Das war wie Meditation."

Später als Lehrer drehten sich vor seiner Schule 19Poldermühlen, die den Wasserpegel regulieren. Er folgte bald dem Angebot des Schwagers, machte das Hobby in dessen Mühlenbaubetrieb zum Beruf und restaurierte eine Mühle nach der anderen. Martie te Brake wechselte jedoch, als sich dessen Kinder für den heimischen Betrieb interessierten, wieder in die Lehrtätigkeit und ist nun Freizeit-Mühlenbauer und -müller.

Es ist eine wahre Kunst, die Mühlsteine so auszurichten, damit das Mehl ganz fein gelingt und nicht nur für Viehfutter taugt, wie die ersten Kilo in Oppum zeigten. "Später werden die Männer den richtigen Mahlgang am Geräusch erkennen können", lächelt te Brake. Klar ist, dass die frisch gebackenen Müller dann alle ein Zertifikat in Händen halten und bald danach das erste Oppumer Mühlenbrot.

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