Ein englischer Herzog rebelliert

Der 12. Duke auf Devonshire will seinen Titel ablegen, wenn die Regierung die Aristokraten ganz entmachtet.

London. Es ist längst nicht mehr alles Gold, was glänzt - und niemand weiß das besser als der Herzog von Devonshire. Aristokraten wie er kommen sich in diesen Tagen ganz schön gestrig vor.

Denn die Privilegien des englischen Adels sind fast alle verschwunden: Die Fuchsjagd ist seit 2004 verboten. Passionen wie Fliegenfischen und Pferde teilen sie mit gewöhnlichen Managern. Das Familiensilber wird in Londoner Auktionshäusern an russische Ölmultis verhökert.

Im Frühjahr droht die endgültige politische Entmachtung: Die Plätze für die letzten 92 erbadeligen Lords im Oberhaus sollen nach Plänen der Labour-Regierung abgeschafft werden. Geplant ist an ihrer Stelle eine Senatskammer mit demokratisch gewählten Vertretern. Damit ist für den Herzog von Devonshire alles klar: "Die Oberschicht stirbt nicht. Sie ist tot. Sarg zugenagelt, Erde drauf. Sie existiert nicht mehr, außer in leeren Titeln."

Sobald der Erbadel aus dem Parlament geworfen wird, will er seinen Titel als "Duke" abgeben: "Dann nenne ich mich nur noch Peregrine Cavendish." Mehr als eine Unterschrift und einen neuen Pass würde ihn der Schlussstrich unter drei Jahrhunderte Tradition nicht kosten. Und ohne Herzogtitel, so fügt er hinzu, würde das "Personal von Ryanair beim Einchecken am Flughafen wenigstens nicht immer mit dem Finger auf mich zeigen und lachen".

Freilich klagt der 65-Jährige im tröstlichen Ambiente von Chatsworth House (297 Zimmer - Wandschmuck u.a. von Rembrandt und Tintoretto, 400.000 Quadratmeter Garten und 4 Millionen Quadratmeter Park) über den Niedergang des Adels und den Verfall der Sitten. Als Repräsentant der Königin in Ascot sah er sich schon gezwungen, eine Kleiderordnung für die Gäste des Pferderennens anzumahnen: "Unterhosen, meine Damen, tragen Sie bitte auf jeden Fall, aber nicht so, dass sie jeder sehen kann."

Doch selbst beim arbeitenden Volk macht sich Wehmut breit, dass eine ganze gesellschaftliche Klasse auf den Schrottplatz der Geschichte wandert. Erst die hohe Besteuerung der Großgrundbesitzer, dann die Zwangs-Verleasung ihrer kaum zu heizenden Anwesen an Tourismus-Stiftungen und nun die politische Entmachtung. "Lieber 100 Lords im Oberhaus als eine gewählte Partei", kommentiert ein Brite die Parlamentsreform. Vielleicht liegt es daran, dass ihr Stil so sehr an Auftrieb gewinnt, wie Aristokraten an gesellschaftlicher Stellung verlieren: Konservatives Tweed und Wachsjacken waren in der Londoner Szene nie so angesagt wie in diesem Frühjahr.

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