Ein drittes Leben für Andreas Hollstein
Der Bürgermeister der Kleinstadt Altena wurde Opfer einer politisch motivierten Messerattacke. Seinen Kurs in der Flüchtlingspolitik will er fortsetzen.
Altena. Andreas Hollstein ist 54 Jahre alt und hat ein drittes Leben geschenkt bekommen. So sieht es der Bürgermeister der sauerländischen Kleinstadt Altena am Tag nach der Messerattacke in einem Döner-Imbiss, die das ganze Land in Aufruhr versetzt hat. Nur 15 Stunden nach dem wohl fremdenfeindlich motivierten Angriff auf ihn geht Hollstein an die Öffentlichkeit. Angeschlagen, merklich unter Schock, bleich, aber doch gefasst. „Ich kann sagen, dass ich mich gestern gefühlt habe wie auf meinem dritten Geburtstag.“ Vor einigen Jahren sei er vom Krebs geheilt worden. „Und gestern Abend habe ich ein drittes Leben geschenkt bekommen.“
Es war knapp für den Bürgermeister des Burgstädtchens, der mit seiner liberalen Flüchtlingspolitik viele positive Schlagzeilen gemacht hatte. Nur eine leichte Schnittverletzung am Hals, die in einer Klinik geklebt wurde. Das Pflaster links am Hals fällt kaum auf. Es hätte ganz anders ausgehen können, schildert Hollstein: Ja, er habe um sein Leben gefürchtet, „das ich heute vielleicht nicht mehr hätte, wenn ich nicht Hilfe bekommen hätte“. Seine Helfer waren vor allem die Imbissbetreiber Ahmet Demir (27) und dessen Vater Abdullah Demir (60), die beherzt eingriffen und den tobenden 56-jährigen Angreifer in Schach hielten.
„Ich hatte mich gerade mit dem Bürgermeister unterhalten, als der Mann reinkam, er sah eigentlich ganz normal aus“, schildert Ahmet Demir, noch immer entsetzt. „Er hat plötzlich so ein großes Messer aus der Tasche gezogen und dem Bürgermeister mit einer Hand an den Hals gehalten und mit der anderen hat er ihn in den Schwitzkasten genommen.“ Sein Vater kam hinzu, konnte dem Angreifer das Messer aus der Hand schlagen, verletzte sich dabei selbst leicht. Der 27-Jährige Ahmet glaubt: „Der Mann war total entschlossen. Er wollte die Sache beenden.“ Seine Mutter sei zur Polizeistation gelaufen, die keine 30 Meter entfernt ist. Glück für Hollstein. Die Beamten waren sofort zur Stelle, vollbewaffnet. Abdullah Demir, 1992 aus der Türkei eingewandert, meint: „Gewalt ist immer falsch.“