Drama um Prinz Friso - Beatrix' Sohn fuhr hohes Risiko

Wien (dpa) - Prinz Johan Friso gilt als ausgezeichneter Skifahrer. Seit mehr als 40 Jahren verbringt die niederländische Königsfamilie ihren Winterurlaub im noblen österreichischen Skiort Lech am Arlberg.

Die drei Söhne von Königin Beatrix standen schon mit Kindesbeinen auf den Brettern, die den Winterspaß versprechen. Prinz Frisos kleine Töchter rutschen in rosa Overalls inzwischen ebenfalls durch den Schnee. Dem 43-Jährigen wurde seine Skibegeisterung zum Verhängnis, als ihn am Freitag eine Lawine verschüttete.

Nun stellt sich die Frage, ob der Prinz angesichts der großen Lawinengefahr ein zu hohes Risiko einging und den Unfall selbst verschuldete. Am Tag nach dem Unglück schwebte der 43-Jährige weiter in Lebensgefahr. Sein Zustand sei unverändert, teilte das Königshaus in Den Haag am Samstag mit: „Er ist noch nicht außer Lebensgefahr, hat die Nacht aber ruhig und stabil verbracht.“

Ein Team von Spezialisten betreut den Prinzen auf der Intensivstation der Uniklinik Innsbruck. Nach Informationen des Senders ORF erlitt der Prinz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und liegt im künstlichen Tiefschlaf. Bei einer Pressekonferenz in Lech wurde dazu aber nichts mitgeteilt.

Königin Beatrix und ihre Schwiegertochter Mabel fuhren am Samstag erneut von ihrem Hotel in Lech nach Innsbruck. Die Frauen waren bei ihrem Besuch im Krankenhaus dunkel gekleidet, trugen Sonnenbrillen, hielten sich an der Hand und wirkten sehr bedrückt. Die übrige Königsfamilie war am Freitag aus Holland nach Österreich angereist.

Frisos Lawinenunfall entsprach nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen dem klassischen Muster. Zusammen mit einem 42-jährigen Einheimischen war der Prinz abseits der Skipisten im sogenannten freien Gelände unterwegs. Wenn es einige Tage hintereinander schneit, findet sich dort der Traum aller guten Skifahrer, für den Vorarlberg berühmt ist: viel Neuschnee für Tiefschneeabfahrten. Das ist ungemein reizvoll und gleichzeitig oft risikoreich.

Zum Zeitpunkt des Unfalls herrschte in Lech Lawinenwarnstufe 4 auf der fünfteiligen Skala. Die Lawinengefahr ist demnach „groß“. Laut dem Lagebericht der Landeswarnzentrale konnten bereits geringe Zusatzbelastungen, etwa durch einzelne Wintersportler, Lawinen auslösen. Schon in den Tagen zuvor wurden immer wieder Skifahrer verschüttet. Am Donnerstag tötete eine Lawine zwei Tourengeher. Pro Jahr sterben in den Alpen mehr als 100 Menschen bei Lawinen.

Als der Prinz und sein Begleiter in einen kurzen, steilen Hang fahren, lösen sie ein Schneebrett aus. Die obere Schneeschicht auf mehr als 30 Metern Breite und 50 Metern Länge rutscht bergabwärts und reißt die Skifahrer mit sich. Der Begleiter des Prinzen zündet seinen Lawinen-Airbag im Rucksack. Ein Luftkissen bläht sich auf und hält ihn an der Oberfläche der Schneemassen. Der Prinz wird verschüttet. Bewusstlos liegt er 40 Zentimeter unterhalb der Schneeoberfläche.

Üblicherweise gilt: Lawinenopfer, die in den ersten 15 Minuten gefunden werden, haben halbwegs gute Überlebenschancen. Danach sinken die Chancen wegen des Sauerstoffmangels und der Kälte rapide.

Die alarmierten Retter fliegen mit dem Hubschrauber zur Unfallstelle. Weil Prinz Friso einen Lawinenpiepser bei sich trug, wird er schnell gefunden und ausgegraben. Trotzdem sind 20 Minuten vergangen. Der Prinz muss wiederbelebt werden. Dann fliegt ihn der Hubschrauber ins Krankenhaus.

Der Geschäftsführer der Skilifte Lech, Michael Manhart, schätzt das Bergstück als gefährlich ein. „Es ist eine kurze, steile Böschung“, sagte Manhart. Allerdings könne man niemanden die Schuld für die Lawine zuweisen. „Der Prinz war so oft in Lech, der weiß genau, was er macht.“

Dass die Lawine abging, sei letztlich „das Risiko des Skisports“, das sich im freien Gelände niemals ganz ausschließen lasse. Die große Lawinengefahr sei nicht immer entscheidend, sagte Manhart. „Die kleinen Seitenböschungen sind Spezialfälle.“ Da wisse man unabhängig von der Warnstufe nie, wie die Situation sich wirklich präsentiere.

Routinemäßig wie nach jedem Unfall ermittelt jetzt die zuständige Staatsanwaltschaft, teilte die Sicherheitsdirektion in Vorarlberg. Es gebe aber keinen Beschuldigten.

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