Die Promi-Geburtstage vom 14. Januar 2012: Michael Gwisdek

Berlin (dpa) - Er ist fast so etwas wie ein Berufs-Berliner. Michael Gwisdek füllt in Filmen wie „Good Bye, Lenin!“, „Männersache“ und „Boxhagener Platz“ die Rolle des Hauptstädters mit Herz und Schnauze perfekt aus.

Andere Filme, zum Beispiel im vergangenen Jahr „Das Lied in mir“, zeigen jedoch immer wieder, über welche enorme Bandbreite er verfügt. Gerade das sichert ihm wohl beim großen Publikum nun schon über Jahrzehnte eine ungebrochene Zuneigung. Heute feiert Schauspielstar Michael Gwisdek seinen 70. Geburtstag.

Der 1941 geborene Gastwirtssohn aus Berlin-Weißensee denkt offenkundig nicht über das Älterwerden nach. Interviews dazu lehnt er ab. Und vor zwei Jahren, als das dem deutschsprachigen Filmnachwuchs verbundene Festival um den Max Ophüls Preis in Saarbrücken Michael Gwisdek eine Ehrenreihe widmete, eröffnete er ein Publikumsgespräch mit dem Bekenntnis: „Ich bin Jungfilmer. Ich komme noch mal ganz groß raus.“

Groß rausgekommen ist Gwisdek schon in der DDR, zunächst am Theater, dann im Kino. Damit erfüllte sich ein Traum seiner Jugend, genährt in den 50er Jahren, wie damals bei vielen jungen Ost-Berlinern, durch den kleinen Grenzverkehr. „In West-Berlin ins Kino - das war unser "Saturday Night Fever"“, schwärmte Michael Gwisdek noch viele Jahre später. Beeindruckt habe ihn vor allem der rote Teppich der Berlinale, der Internationalen Filmfestspiele, damals noch am Bahnhof Zoo und im Sommer. In einem Gespräch erinnerte sich Gwisdek: „O.W. Fischer war mein Vorbild. Ich habe mir geschworen, dass ich auch einmal, so wie er, über diesen roten Teppich laufen werde.“

Das hat Gwisdek dann später auch geschafft. Nach der Ausbildung hat er zunächst in den 60er und 70er Jahren an verschiedenen Theatern in der DDR in einer Vielzahl von Hauptrollen brilliert. Sein außerordentliches komödiantisches Talent brachte ihm bald Rollen im Kino ein. Entscheidend waren zwei Arbeiten unter Regie von Ulrich Weiß: „Dein unbekannter Bruder“ (1982) und „Olle Henry“ (1983). Beide Filme missfielen den Zensoren, weil sie formal unangepasst die Verlogenheit der ostdeutschen Gesellschaft zwischen verordnetem Duckmäusertum und sinnfreier Propaganda beleuchteten.

Das Publikum, darin geübt zwischen den Bildern und Dialogen zu lesen, feierte die Filme und den Hauptdarsteller. Bis heute strahlen die Filme eine große Kraft aus. Wer etwas darüber erfahren möchte, wie das geistige Klima in der DDR im Jahrzehnt vor dem Mauerfall war, kommt daran nicht vorbei. Michael Gwisdek hat sich in Saarbrücken in einer Zuschauerdiskussion mit Zwiespalt erinnert: „Für uns war das toll, aufregend, ungewöhnlich. Aber es war einfach auch schlimm, nicht sagen zu können, was man dachte.“

Die damit beschriebene Situation prägte auch sein 1988 uraufgeführtes Regiedebüt „Treffen in Travers“, mit seiner damaligen Frau Corinna Harfouch und sich selbst in den Hauptrollen. Gwisdek verlegte die gedankenreiche Auseinandersetzung mit der Ausgrenzung Andersdenkender ins historische Gewand. Das Publikum verstand den Gegenwartsbezug des aufmüpfigen Kostümdramas aber sehr genau. Damit wurde Gwisdek endgültig zum Idol all jener, die sich nicht mehr widerspruchslos anpassen und ducken wollten.

Mit dem Fall der Mauer erfüllte sich sein Traum, über den roten Berlinale-Teppich zu gehen, als Regisseur und als Schauspieler. 1999 bekam er zudem einen Silbernen Bär als bester Hauptdarsteller in Andreas Dresens „Nachtgestalten“. Gwisdek, der immer angenehm bodenständig wie der kluge Mann von nebenan wirkt, macht kein großes Theater um seine Person. Die alte Devise „leben und leben lassen“ scheint auch die seine zu sein.

Viele Jahre war er mit Corinna Harfouch ein Paar. Ihre Söhne sind ebenfalls als Künstler erfolgreich, Robert als Schauspieler, Johannes als Komponist. Seit einigen Jahren ist Michael Gwisdek mit der Schriftstellerin Gabriela Gwisdek verheiratet und verbringt viel Zeit im kleinen Haus vor den Toren Berlins. Und er absolviert ein enormes Arbeitspensum. Nächster Auftritt: im Februar im ZDF-Zweiteiler „Schicksalsjahre“.

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