Die Dresdner Geisterfahrt

Die Schonfrist der Unesco ändert nur wenig am Hickhack um das Dresdner Welterbe Elbtal. Ministerpräsident Milbradt bleibt hart.

<strong>Christchurch/Dresden. Die Unesco hat für den Erhalt des Dresdner Elbtals als Weltkulturerbe eine befristete letzte Chance gegeben. Das Welterbe-Komitee beschloss am Montag in Christchurch in Neuseeland, den Titel abzuerkennen, falls Deutschland die dort geplante vierspurige Brücke nicht aufgibt. Bis zum 1. Oktober muss ein Alternativplan vorgelegt werden. Vorerst bleibt das Elbtal auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbe-Stätten. Die Bundesregierung setzt im Streit um die Dresdner Waldschlösschenbrücke auf eine Kompromisslösung.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bot in Berlin die Hilfe des Bundes bei der Suche nach einer "konstruktiven Lösung" an. Gleichzeitig warnte er vor den "negativen Folgen" für das Ansehen Deutschlands im Falle einer Aberkennung des Welterbe-Titels für das Elbtal. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) forderte Sachsen auf, auf das Welterbe-Komitee zuzugehen.

Tiefensee bot erneut finanzielle Unterstützung für den Fall an, dass eine mit dem Titel zu vereinbarende alternative Elbquerung Mehrkosten verursache. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Hans- Joachim Otto (FDP) forderte vom Freistaat die Bereitschaft zum Kompromiss ein. Dort war das Echo auf das Votum des Welterbe-Komitees geteilt. "Die Nachricht aus Neuseeland kommt einer Erpressung nahe", kritisierte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) die Entscheidung scharf.

Die UN-Organisation für Erziehung und Kultur (Unesco) hatte die 20 Kilometer lange Flusslandschaft 2004 in die Liste der Welterbestätten aufgenommen. Wegen des geplanten Brückenbaus, der das Panorama verschandeln würde, kam sie 2006 auf die Rote Liste. Eine Aberkennung des Status wäre ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Unesco. "Das Welterbe-Komitee akzeptiert, dass die Landschaft auf der Welterbe-Liste bleibt, wenn die derzeitigen Pläne für eine Brücke durch eine Lösung ersetzt werden, die den außergewöhnlichen und universellen Wert der Kulturlandschaft respektiert. Andernfalls wird Dresden von der Liste gestrichen", teilte das Komitee mit.

Deutschland muss der Expertengruppe Ecomos, die das Komitee berät, eine alternative Verkehrsplanung vorlegen. Die Experten formulieren dann eine Empfehlung, über die das Komitee bei seiner Sitzung im Sommer 2008 in Kanada entscheidet.

Milbradt warf dem Gremium vor, es habe "die demokratische Willensbildung, ein in den Statuten der Organisation besonders hoch gewichtetes Kriterium, komplett außer Acht gelassen". Damit bezog er sich auf den Bürgerentscheid von 2005 für den Brückenbau. Er forderte eine Vertagung der Sache. "Wenn die Brücke fertig ist, mögen die Mitglieder des Komitees nach Dresden kommen, um sich hier ihr eigenes Bild zu machen", sagte Milbradt der Staatskanzlei zufolge. Die Arbeiten für das 160-Millionen-Euro-Projekt sollen frühestens Ende Juli beginnen.

Geschichte: Verleihung seit 1972. Bisher wurden 830 Stätten in 138 Ländern aufgenommen. Davon sind 644 Kultur- und 162 Naturdenkmäler.

Bedeutung: 2004 wurde der Tiutel als "wichtiger Standortfaktor" wurde die Zuerkennung des "werbewirksamen Prädikates" gewertet, der Dresden als Ziel des globalen Kultur-, Städte und Kongresstourismus ausweise. Die Dresden-Werbung informierte besonders in Japan und China über "Welterbe-Rundreisen" in Mitteleuropa.

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