Die deutsche Autobahn wird 75

Verkehrsgeschichte: Die kreuzungsfreie Strecke zwischen Köln und Bonn sollte Autofahrern mehr Sicherheit bieten.

Köln/Bonn. Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit eine Autobahn in die Landschaft zu bauen - kaum jemand käme heute auf eine solche Idee. Vor 75 Jahren war sie jedoch mit ausschlaggebend für die Planung der "Kraftwagenstraße Köln - Bonn". Die rund 20 Kilometer lange Strecke wurde am 6. August 1932 eröffnet und gilt als Vorläufer der Autobahnen in Deutschland. Die hohe Verkehrsdichte auf den Landstraßen zwischen Köln und Bonn und die damit verbundenen hohen Unfallzahlen brachten die Verantwortlichen damals auf die Idee, eine neue Straße zu bauen. Auf ihr sollten nur Kraftfahrzeuge fahren. "7500 Fahrzeuge pro Tag wurden damals dort gezählt", sagt ADAC-Planungsexperte Jürgen Berlitz. Das war seinerzeit das stärkste Autoverkehrsaufkommen in Deutschland.

Die Pläne sahen daher eine vierspurige "Kraftwagenstraße" vor, die nirgends von anderen Straßen gekreuzt wird - so sollten Unfälle mit Querverkehr ausgeschlossen werden. Kreuzende Straßen wurden über Brücken oder durch Unterführungen geleitet. Um auf die Straße zu gelangen oder sie zu verlassen, gab es Auf- und Abfahrten. "Nichts Anderes haben wir heute auf den Autobahnen", sagt Berlitz. Verblüffend sind auch die Ähnlichkeiten im Detail: Geringe Steigungen und große Kurvenradien, eine minimale Querneigung der Fahrbahn zur besseren Entwässerung sowie eine bestimmte Griffigkeit des Fahrbahnbelags - das seien Punkte, die Autobahnplaner auch heute beachten, sagt Prof. Wolfgang Wirth, der im Studiengang Bauingenieur- und Vermessungswesen der Bundeswehr-Uni in München lehrt. Zu Recht könne man daher die Kraftwagenstraße als Vorläufer der Autobahn bezeichnen.

Die Aufgabe war für die Verantwortlichen Neuland: "Die Autobahnplaner mussten in unheimlich kurzer Zeit bauen - und sie hatten keine Vorgaben. Es waren umgesattelte Eisenbahnbauer."

Denn das Auto spielte damals noch keine große Rolle. Das Fortbewegungsmittel der Zeit war die Eisenbahn. Lediglich zehn Prozent aller Transportleistungen seien mit dem Auto erbracht worden. Der Durchbruch für den Autobahnbau kam laut Jürgen Berlitz erst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. "Der politische Wille war da, größere Verkehrsnetze zu errichten, die nur von Kraftwagen zu befahren waren." Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden rund 3000 Kilometer Autobahn in Deutschland gebaut - und diese Bauanstrengung wurde dann von den Nazis propagandistisch ausgeschlachtet.

Die Behauptung, Adolf Hitler habe sich die Autobahnen ausgedacht, sei jedoch "Blödsinn", sagt Wirth. "Die Nazis haben alle möglichen Projekte, die in der Schublade lagen, genommen und als eigene verkauft."

Vollständig ausgebaut wurde das Streckennetz nach dem Krieg mit Beginn des Wirtschaftswunders. In dieser Zeit kamen auch wesentliche Änderungen zur Verbesserung der Sicherheit hinzu. "Leitplanken und der neue Mittelstreifen halfen, die Zahl schwerer Unfälle zu vermindern", sagt Julia Lindemann, Referentin für Verkehrsinfrastruktur beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) - die typische Unfallursache "Abkommen von der Fahrbahn" wurde dadurch entschärft.

Begriff Die Bezeichnung "Autobahn" wurde erstmals von Robert Otzen im Jahr 1929 geprägt. Otzen war Vorsitzender des Autobahnprojekts HaFraBa (Autobahnprojekt Hamburg/Frankfurt am Main/Basel). Bis dahin sprach man von "Nur-Autostraße".

Premiere Die erste Autobahn, die zwei Städte verband, wurde 1932 zwischen Köln und Bonn eröffnet; die kreuzungsfreie Strecke war 20 Kilometer lang. Heute trägt sie die Bezeichnung A 555. Die Straße war für Tempo 120 ausgelegt, obwohl die damaligen Fahrzeuge meist deutlich langsamer waren. Die neue Straße kostete 8,6 Millionen Reichsmark, gebaut wurde sie vor allem von Arbeitslosen.

Nummerierung Bundesautobahnen, die in nord-südlicher Richtung verlaufen, werden in Deutschland mit ungeraden Ziffern, Autobahnen in ost-westlicher Richtung werden gerade nummeriert. Die einziffrigen Autobahnen durchziehen Deutschland großräumig oder grenzüberschreitend. Ab der A 10 (Berliner Ring) sind die Bezifferungen einzelnen Gebieten zugeordnet - so etwa A 40 und höhere im Rhein-Ruhr- bis Rhein-Main-Raum und A 50 und höhere vom Niederrhein bis Köln.

Strassennetz Deutschland hat eines der dichtesten Autobahnnetze der Welt und liegt mit etwas mehr als 12 000 Kilometern an dritter Stelle hinter den US-Highways (rund 75 000 Kilometer) und dem chinesischen Autobahnsystem (45 000 Kilometer).

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