Der Mann bekommt modisch mehr Format

Köln/Berlin (dpa/tmn) - Schnittiger, gerader, weniger knallig - so lässt sich die Männermode für das Frühjahr und den Sommer beschreiben. Sie soll weltgewandte Lässigkeit ausdrücken. Rosarote Chinos und grellgelbe Bermudas werden trotzdem nicht im Schrank versauern.

Der Mann hat es nicht leicht: Einfühlsam soll er sein, aber gleichzeitig kernig und authentisch. Die Mode sah darum im Winter so aus: Vintage-Parka, Holzfäller-Hemd und Wollmütze - entweder total ernst oder als ironische Kapitulation vor einem eigenen Stil. Die Autorin Nina Pauer will darin „Schmerzensmänner“ erkannt haben, verkopfte Träumer mit viel Sinn für Fashion, aber wenig Selbstbewusstsein. Glaubt man dem Deutschen Modeinstitut (DMI), wird im Sommer alles anders: Der Mann bekomme wieder mehr Format, die „sophisticated casuals“ machten das Rennen. Was heißt das jetzt?

„Der Mann ist wieder angezogen, er fühlt sich wieder als wer, als jemand, der in Beruf und Familie erfolgreich ist, der das alles hinkriegt“, antwortet DMI-Geschäftsführer Gerd Müller-Thomkins. Er spricht von einer „elaborierteren Männlichkeit“: Die Schnitte würden korrekter, die Materialien wertiger und die Farben weniger plakativ.

Wirft man einen Blick auf die Kollektionen des Frühjahrs, wird deutlich: Der Look ist ernsthaft, weltgewandt und sportlich. H&M zeigt etwa eine beige Baumwollhose zu gelben Segelschuhen und marineblauem Sakko oder cremefarbene Bermuda-Shorts zu feinem Strick. Patrizia Pepe hüllt ihre Models in edle Baumwolle, Pastelltöne dominieren. Boss Black schickt den Mann in einem schmalen Businessoutfit nur in Blautönen auf den Laufsteg. Chinos bleiben durch die Bank en vogue, und die Hosenbeine werden immer noch hochgekrempelt.

„Der Mann ist immer noch extrem auf Slimfit aus“, sagt der Berliner Modeautor Bernhard Roetzel. Der Mann kaufe die schmale Optik. Die Farben seien eher gedeckt, Ton und Muster weniger plakativ, ergänzt Müller-Thomkins. Bei Sieger blitzt unter dem sandfarbenen, eng geschnittenen Coat eine bunte Krawatte hervor.

„Im Massenmarkt werden die quietschigen Farben in diesem Sommer noch mal richtig erfolgreich sein“, sagt Roetzel. „Die Sachen, die schon seit zwei Sommern rauf und runter getragen werden, machen den Leuten offensichtlich Spaß.“ Die Designer scheinen das zu wissen: Alberto lässt das froschgrüne Sakko zum orange Hemd und himmelblauer Bermuda tragen. Benetton setzt komplett auf bunt.

Wo sich die Mode zeitlich bedient, ist schwer zu sagen. Bei allem Vintage, das die Wintermode prägte, müsse irgendwann das Moderne kommen, sagt der DMI-Chef. „Alles andere ist Mottenkiste. Da kann die Mode nicht steckenbleiben.“ Es gebe stets ein Wechselspiel aus Altem und Neuem, wobei der Anteil des komplett Neuen verschwindend gering sei, hält Roetzel dagegen. Der Rückgriff funktioniere jedoch immer nur als Zitat.

Angesichts dieses Befunds steht der allgegenwärtige Hipster, der modebewusste junge Großstadtmann, wieder ratlos vor dem großen Dilemma: Als Verdichtung aus Zitaten und popkulturellen Querverweisen ist sein modisches Statement und damit seine ganze Attitüde meist entweder schrecklich ernst oder komplett ironisch gemeint. Die „Schmerzensmänner“ mit ihren schwermütigen Zügen werden im Sommer - das legen die Trendbeobachter nahe - jedenfalls kaum Eindruck machen, weil das Einsiedlertum im Holzfällerlook so gar nicht sophisticated wirkt.

Für den dandyhaften Mann sieht Roetzel ein Problem - er komme zu fraulich rüber. Gefragt sei eher der Collegeboy: „ein bisschen normaler, eher sportlich, schnittiger und schnieker, die Haare und der Bart nicht zu lang.“ Preppy-Chic, die Mischung aus adrett und hip, aber nicht als Karikatur. „Die Ironie, die wir lange hatten, ist durch. Alles wird wieder klarer.“

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