Der Glamour bröckelt schnell

Heidi Klum kürt bereits am Mittwoch eine Siegerin. Doch deren Aussichten auf eine große Modelkarriere sind dürftig.

Köln. Klick-klack macht es auf dem Pflaster des Kölner Bahnhofsviertels zwischen Baustellen und schäbigen Fassaden. Christina (21), Jenny (17) und Janina (24) mit ihren Stöckelschuhen, Fönfrisuren und Puderwangen wirken hier wie Besucher von einem anderen Stern.

Zum Glück fällt der Kontakt mit der Realität nur kurz aus, dann haben die drei Finalistinnen von "Germany’s Next Top Model" die Hotellobby erreicht. Hier umfängt sie Leder, Plüsch und Chrom. Beunruhigend ist nur, dass zwei in die Welt da draußen zurückkehren müssen. Denn nur eine von den Dreien wird heute bei ProSieben zum Topmodel gekürt: Das Finale wird nachmittags aufgezeichnet und um 20.15 Uhr ausgestrahlt.

Vor vier Monaten waren sie drei unbekannte junge Frauen. Christina studierte, Jenny ging zur Schule, und Janina stand im Friseursalon. Jetzt werden sie im sechsten Stock des Hotels von mehreren Dutzend Fotografen umringt. Dann die Pressekonferenz: Heidi hat dasvor zwei Wochen mit ihren Kandidatinnen geübt und war sehr unzufrieden mit ihren Leistungen.

Doch ihre Schutzbefohlenen haben gelernt. Sie lächeln vor allem und sagen Leer-Sätze wie "Noch bin ich nicht aufgeregt, aber morgen bestimmt" oder "Vor dem Einschlafen heute Abend telefoniere ich noch mal mit Mama".

Wenn Heidi Klum unvorbereitete Fragen gestellt werden, strahlt sie überraschend wenig Weltläufiges aus. Stattdessen denkt man an eine Reihenhaus-Siedlung in Bergisch-Gladbach. Ihrem Selbstbewusstsein tut das keinen Abbruch.

Schließlich ist diese dritte "Topmodel"-Staffel die erfolgreichste, ein Quotenbringer, wie ihn der von Investoren geschröpfte Privatsender ProSieben dringend braucht. 22,8 Prozent der 14- bis 49-Jährigen verfolgten die Sendungen im Schnitt. 36,4 Prozent waren es sogar bei den 14- bis 29-Jährigen. Folgerichtig reden Sender und Moderatorin für 2009 bereits über die vierte Staffel.

Klums Lächeln ist wie weggewischt, wenn es ums Geld geht. Hauptgewinn der Show ist ein Zwei-Jahres-Vertrag mit der Agentur IMG. Doch der ist eine zweischneidige Angelegenheit. Denn es halten sich die Gerüchte, die Mädchen würden finanziell über den Tisch gezogen, müssten 40 Prozent der Einnahmen abgeben. ProSieben-Sprecher Christian Körfer sagt, es würde nur die branchenübliche Provision fällig. Manchmal würden eben "Anfängerhonorare" gegezahlt.

Zudem agiert IMG nicht allein. Die frühere Sportrechte-Agentur mit Sitz in Paris ist verbandelt mit der ProSieben-Tochter Face your Brand und der Heidi Klum GmbH, die deren Vater Günther kontrolliert. An den Ex-Produktionsleiter von 4711 sind alle 19 Finalistinnen vertraglich gebunden.

Gute Verbindungen zur Modewelt haben alle drei nicht, schreibt das Magazin "Stern", vielmehr scheint eine Kurzkarriere als C-Prominente vorgezeichnet. Spiegel online zitiert ein international gebuchtes Model: "Ich frag mich, ob die wirklich denken, dass was aus ihnen wird. Die wollen zu Gucci, aber dort nehmen sie dich nicht, wenn du von Germany’s next Topmodel kommst."

Heidi Klum fände es jedenfalls nicht toll, wenn ihre jetzt vierjährige Tochter später bei einem TV-Modelcasting mitmachen will: "Ich würde schon hoffen, dass sie etwas anderes macht. Der Job ist hart, und man ist oft allein." Dann lächelt sie wieder.

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