Den 70er Jahren entschweben

Die Wuppertaler müssen sich auf eine neue Schwebebahn einstellen. Aber wie wird sie aussehen?

Wuppertal. Wer nicht wesentlich älter als 40 ist, für den ist die Wuppertaler Schwebebahn orange-blau. Doch das könnte sich in wenigen Jahren ändern. Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) wollen 30 bis 33 neue Wagen anschaffen, die spätestens 2013 im Einsatz sein sollen. Per europaweiter Ausschreibung wird ein Unternehmen gesucht, dass das 100-Millionen-Euro-Projekt realisieren soll. Die technischen Details wurden von den WSW festgelegt.

Völlig offen ist indes, wie die Wagen aussehen sollen. "Wir wollen das Design mitgestalten und dies nicht allein den Herstellern überlassen", sagt WSW-Sprecherin Judith Birkenbach und betont: "Derzeit gibt es noch keine konkreten Entwürfe für die Wagen." Einige Master-Studenten der Bergischen Universität vom Fachbereich Industrial Design sind da allerdings schon weiter. Sie haben es sich nicht nehmen lassen, ihre Vision von einer neuen Schwebebahn zu entwerfen: metallisch glänzend, viel Glas - ein gewöhnungsbedürftiges Erscheinungsbild.

Ihre Hauptaufgabe war das nicht. Die angehenden Designer sollten sich, angeleitet durch Professor Gert Trauernicht und in Kooperation mit den WSW, vor allem Gedanken machen zum Innenleben der Bahn und dabei eine Fahrgast-Umfrage auswerten.

Viele Schwebebahn-Nutzer kritisierten den unzureichenden Komfort, etwa die harten Sitzschalen, zu wenig Haltemöglichkeiten beim Stehen und die hohe Luftfeuchtigkeit im Innenraum bei Regenwetter. Die Verbesserungsvorschläge der Studenten können sich sehen lassen: breitere Türen, größere Fenster, ein ebenerdiger Einstieg und vor allem eine veränderte Anordnung der Sitzplätze, um den Raum großzügiger wirken zu lassen.

Größer oder gar schwerer dürften die Wagen allerdings nicht werden, so Michael Malicke, WSW-Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Schwebebahn-Liebhaber mit Herz und Verstand. "Viel Glas macht die Wagen schwerer", sagt er, "sie könnten durchhängen." Außerdem heizten sie sich dann leichter auf, was Klimaanlagen notwendig mache - die noch mehr Gewicht brächten. "Und wo sollen wir die hinpacken? Aufs Dach montieren geht nicht."

Trotzdem erhoffen sich die Stadtwerke eine Menge wertvoller Anregungen. Ende des Monats wollten die Design-Studenten den WSW ihre Arbeit vorstellen - auch den Außen-Entwurf.

Professor Trauernicht legt Wert auf die Feststellung, dass die Studenten optische Präferenzen in der Umfrage nicht abrufen sollten: "Die WSW waren der Meinung, dass das für Laien zu schwierig sei." Gleichwohl habe man herausgespürt, dass die Wuppertaler eine moderne Bahn eher wollten als eine klassische Interpretation.

Das glaubt auch Michael Malicke. "Das 70er-Jahre-Design können viele nicht mehr sehen", sagt er. "Vielleicht kommen wir ja sogar zum alten Schwebebahn-Rot zurück." So oder so: 2012 soll es einen Prototypen auf dem neuesten Stand der Technik geben, der im alltäglichen Betrieb auf Herz und Nieren geprüft wird. Bewährt er sich, wird die gesamte Schwebebahn-Flotte auf einen Schlag ausgewechselt. Dann heißt es Abschied nehmen von der Aluminium-Lady in Orange-Blau.

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